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Einleitung.
Ueber das Wesen der Märchen.

Kindermärchen werden erzählt, damit in ihrem reinen und milden Lichte die ersten Gedanken und Kräfte des Herzens aufwachen und wachsen; weil aber einen jeden ihre einfache Poesie erfreuen und ihre Wahrheit belehren kann, und weil sie beim Haus bleiben und forterben, werden sie auch Hausmärchen genannt[1]. Die geschichtliche Sage fügt meist etwas Ungewöhnliches und Ueberraschendes, selbst das Uebersinnliche, geradezu und ernsthaft an das Gewöhnliche, Wohlbekannte und Gegenwärtige, weshalb sie oft eckig, scharf und seltsam erscheint, das Märchen aber steht abseits der Welt in einem umfriedeten, ungestörten Platz, über welchen es hinaus in jene nicht weiter schaut. Darum kennt es weder Namen und Orte, noch eine bestimmte Heimath, und es ist etwas dem ganzen Vaterland gemeinsames.


  1. Hausmärlein bei Rollenhagen; Abendmärlein, s. Oberlin v. Belzen und das Gedicht von dem Häselin B. 7. – Rockenmärlein, bei Aventin, bair. Chr. 169 a 406 a.
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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite XXI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_v_021.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)