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die Stadt und wollte das Fell dort verkaufen, um für den Erlös ein neues Kälbchen zu bestellen. Unterwegs kam er an eine Mühle, da saß ein Rabe ohne Flügel, den nahm er aus Erbarmen auf, und wickelte ihn in das Fell. Weil aber das Wetter so schlecht ward und Wind und Regen stürmte, konnte er nicht weiter, kehrte in die Mühle ein, und bat um Herberge. Die Müllerin war allein zu Haus und sprach zu dem Bürle: „da leg dich auf die Streu,“ und gab ihm ein Käsebrot. Das Bürle aß und legte sich nieder, sein Fell neben sich, und die Frau dachte: „der ist müd und schläft.“ Indem kam der Pfaff, und die Frau Müllerin empfing ihn wohl und sprach: „mein Mann ist aus, da wollen wir uns tractiren.“ Bürle hörte auf und wie’s von tractiren hörte, ärgerte sich’s, daß es mit Käsebrot hatte vorlieb nehmen müssen. Da trug die Frau herbei und trug vielerlei auf: Braten, Salat, Kuchen und Wein.

Wie sie sich nun setzten und essen wollten, klopfte es draußen; sprach die Frau: „ach Gott, das ist mein Mann!“ geschwind den Braten in die Ofenkachel, den Wein unters Kopfkissen, den Salat aufs Bett, den Kuchen unters Bett und den Pfaff in den Schrank auf dem Hausehrn. Darnach machte sie dem Mann auf und sprach: „gottlob, daß du wieder hier bist!“ Der Müller sah’s Bürle auf der Streu liegen und fragte: „was will der Kerl da?“ „Ach, sagte die Frau, der kam in dem Sturm und Wetter und bat um ein Obdach, da hab ich ihm ein Käsebrot gegeben und ihm die Streu angewiesen.“ Sprach der Mann: „ich habe nichts dagegen, aber schaff mir bald etwas zu essen.“ Die

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_339.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)