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hätte wollen umbringen, der Jäger ihm aber das Leben geschenkt, und da wär es gelaufen den ganzen Tag bis es endlich ihr Häuslein gefunden. Die Zwerge sprachen: „willst du unsern Haushalt versehen: kochen, betten, waschen, nähen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben und es soll dir an nichts fehlen.“ Das versprach ihnen Sneewittchen. Da hielt es ihnen Haus, Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie nach Haus und da mußte ihr Essen bereitet seyn. Den Tag über war das Mädchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen: „hüt dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen daß du hier bist, und laß niemand herein.“

Die Königin aber, nachdem sie Sneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders, als wieder die erste und allerschönste zu seyn, und trat vor ihren Spiegel und sprach:

„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?“

da antwortete der Spiegel:

„Frau Königin, ihr seyd die schönste hier;
aber Sneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schöner als ihr!“

Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach und merkte, daß der Jäger sie betrogen hatte[1] und Sneewittchen noch im Leben war. Und da sie hörte, daß es über den


  1. hatte ergänzt (Druckfehler. Siehe S. 440)
Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_267.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)