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in sein Haus, wo alles prächtig war. Da gab er ihr, was sie nur wünschte und sprach: „es wird dir wohlgefallen bei mir, denn du hast alles, was dein Herz begehrt.“ Das dauerte ein paar Tage, da sagte er: „ich muß fortreisen und dich eine kurze Zeit allein lassen, da sind die Hausschlüssel, du kannst überall herumgehen und alles sehen, nur nicht in eine Stube, die dieser kleine Schlüssel aufschließt, das verbiet ich dir bei Lebensstrafe; da hast du auch ein Ei, das verwahre mir sorgfältig und trag es lieber beständig bei dir, denn wenn es verloren ging, wär’s ein großes Unglück.“ Sie nahm die Schlüssel und das Ei und versprach, alles wohl auszurichten. Als er aber fort war, konnte sie der Neugierde nicht widerstehen und nachdem sie das ganze Haus gesehen, ging sie auch zu der verbotenen Thüre und öffnete sie. Wie erschrak sie aber als sie hineintrat: da stand in der Mitte ein großes, blutiges Becken, und darin lagen todte, zerhauene Menschen. Sie erschrak so sehr, daß das Ei, das sie in Hand hielt, hineinplumpte. Zwar holte sie es geschwind wieder heraus und wischte das Blut ab, aber es half nichts, denn es kam den Augenblick wieder zum Vorschein: sie wischte und schabte, aber sie konnte es nicht herunter kriegen. Nicht lange, so kam der Mann von der Reise zurück und sprach: „nun gieb mir die Schlüssel und das Ei wieder.“ Sie reichte es ihm mit Zittern hin, er sah beides an und sah, daß sie in der Blutkammer gewesen war. Da sprach er: „bist du gegen meinen Willen in der Kammer gewesen, so sollst du nun gegen deinen wieder hinein. Dein Leben ist zu Ende.“ Darauf ergriff er sie, führte sie

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_225.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)