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große Reichthümer besaß. Nun trug es sich zu, daß der König auch krank ward, da wurde nach ihm geschickt, er sollte sagen, ob er sterben müßte. Wie der Arzt nun zu dem Bette trat, sah er den Tod zu Häupten[1] des Kranken stehen, und da war für ihn kein Kraut mehr gewachsen. Der Arzt aber dachte, vielleicht kannst du den Tod überlisten, weils dein Herr Pathe ist, wird er’s so übel nicht nehmen, packte den König an und legte ihn verkehrt, so daß der Tod an seine Füße zu stehen kam; darauf gab er ihm das Kraut ein und der König erholte sich und ward wieder gesund. Der Tod aber kam zu dem Arzt, machte ein böses, finsteres Gesicht und sprach: „diesmal soll dirs hingehen, weil ich dein Pathe bin, aber unterstehst du dich noch einmal mich zu betrügen, so geht dir’s selbst an den Hals.“ Bald darauf ward des Königs Tochter krank, und niemand konnte ihr helfen. Der alte König weinte Tag und Nacht, daß ihm die Augen erblindeten, endlich ließ er bekannt machen, wer sie vom Tod errette, der solle zum Lohn ihr Gemahl werden und die Krone erben. Nun kam der Arzt auch, aber der Tod stand zu Häupten[2], doch als er die Schönheit der Königstochter sah und an das Versprechen des Königs dachte, so vergaß er alle Warnungen, und ob ihn gleich der Tod ganz fürchterlich anschaute, so kehrte er doch die Kranke herum und gab ihr sein Kraut, so daß sich das Leben in ihr neu zu regen anfing.

Der Tod aber, als er sich zum zweitenmal um sein Eigenthum betrogen sah, trat zu dem Arzt und sprach: „nun folge mir,“ packte ihn hart mit seiner eiskalten Hand und führte ihn


  1. Vorlage: Haupten (Druckfehler. Siehe S. 440)
  2. Vorlage: Haupten (Druckfehler. Siehe S. 440)
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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_217.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)