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die Eltern hüteten sich ihrer vor ihm zu erwähnen, bis es eines Tags von ungefähr die Leute von sich sprechen hörte: ja, sie wäre wohl schön, aber doch eigentlich Schuld, daß ihre sieben Brüder durch sie unglücklich geworden. Da wurde sie tief betrübt, ging zu Vater und Mutter und fragte, ob sie denn Brüder gehabt und wo sie hingerathen wären? Nun durften die Eltern das Geheimniß nicht länger verschweigen, sagten jedoch, es sey so des Himmels Verhängniß und ihre Geburt nur der unschuldige Anlaß gewesen; allein das Mädchen machte sich täglich ein Gewissen daraus und glaubte sich fest verbunden, ihre Geschwister zu erlösen und hatte nicht Ruhe und Rast, bis sie sich heimlich aufmachte und in die weite Welt ging, ihre Brüder irgendwo aufzuspüren und, es koste was da wolle, zu befreien? Sie nahm nichts mit sich als ein Ringlein von ihren Eltern, einen Laib Brot für den Hunger, ein Krüglein Wasser für den Durst und ein Stühlchen für die Müdigkeit.

Nun ging es immer zu, weit, weit bis an der Welt Ende. Da kam es zur Sonne, aber die war gar zu heiß und fürchterlich und fraß die kleinen Kinder; eilig lief es weg, und hin zu dem Mond, aber der war gar zu kalt und auch grausig und bös und als er das Kind merkte, sprach er: „ich rieche, rieche Menschenfleisch!“ Da machte es sich geschwind fort und kam zu den Sternen, die waren ihm freundlich und gut und jeder saß auf seinem besondern Stühlchen. Der Morgenstern aber stand auf, gab ihm ein Hinkelbeinchen und sprach: „wenn du das Beinchen nicht hast,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_134.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)