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„Sie haben recht,“ sagte die Wirtin und beugte den Kopf, „aber schonen Sie mich. Ich bin nicht empfindlicher als andere, im Gegenteil, jeder hat empfindliche Stellen, ich habe nur diese eine.“

„Leider ist es gleichzeitig auch die meinige,“ sagte K., „ich aber werde mich gewiß beherrschen; nun aber erklären Sie mir, Frau Wirtin, wie soll ich in der Ehe diese entsetzliche Treue gegenüber Klamm ertragen, vorausgesetzt, daß auch Frieda Ihnen darin ähnlich ist?“

„Entsetzliche Treue?“ wiederholte die Wirtin grollend. „Ist es denn Treue? Treu bin ich meinem Mann, aber Klamm? Klamm hat mich einmal zu seiner Geliebten gemacht, kann ich diesen Rang jemals verlieren? Und wie Sie es bei Frieda ertragen sollen? Ach, Herr Landvermesser, wer sind Sie denn, der so zu fragen wagt?“

„Frau Wirtin“, sagte K. warnend.

„Ich weiß,“ sagte die Wirtin sich fügend, „aber mein Mann hat solche Fragen nicht gestellt. Ich weiß nicht, wer unglücklicher zu nennen ist, ich damals oder Frieda jetzt. Frieda, die mutwillig Klamm verließ, oder ich, die er nicht mehr hat rufen lassen. Vielleicht ist es doch Frieda, wenn

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Franz Kafka: Das Schloß. München: Kurt Wolff Verlag, 1926, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Schlo%C3%9F_155.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)