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folgte, so bemerkte Stineli, daß da gerade für den Rico viel Trostreiches darin vorkam, und wie es zu Ende war, sagte es:

„Siehst du, Rico, weil doch dem lieben Gott das ganze Reich gehört, so kann er dir schon noch eine Heimat finden, und ihm gehört auch alle Kraft, daß er sie dir geben kann.“

„Jetzt kannst du sehen, Stineli“, entgegnete Rico, „wenn der liebe Gott eine Heimat in seinem Reich für mich hätte und auch die Kraft hat, daß er mir sie geben könnte, so will er nicht.“

„Ja, aber du mußt auch etwas bedenken“, fuhr Stineli fort, „der liebe Gott kann auch bei sich selbst sagen: 'Wenn der Rico etwas von mir will, so kann er auch einmal beten und kann mir's sagen.'“

Dagegen wußte Rico nichts mehr einzuwenden. Er schwieg eine kleine Weile, dann sagte er:

„Sag noch einmal das Unser-Vater, ich will's wieder lernen.“

Stineli sagte es noch einmal, dann konnte es der Rico wieder und hatte sich's recht eingeprägt. Nun gingen sie friedlich heim, jedes auf seine Seite, und Rico mußte noch immer an das Reich und die Kraft denken.

An dem Abend aber, wie er in seiner stillen Kammer war, betete er von Herzen demütig, denn er fühlte, daß er im Unrecht war, zu denken, der liebe Gott sollte ihm geben, was ihm mangelte, und er hatte ihn ja gar nie darum gebeten.

Stineli trat gedankenvoll in den Garten ein. Es erwog bei sich selbst, ob es über alles mit der Frau Menotti reden wollte; vielleicht könnte sie für den Rico eine

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_112.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)