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auch kaum an Silvios Bett, so sagte er: „Siehst du, Silvio, nur einzig beim Stineli ist es einem wohl und sonst gar nirgends.“ Kaum waren diese Worte ausgesprochen, so schnellte sich der Kleine augenblicklich in die Höhe und rief mit aller Kraft: „Mutter, ich will das Stineli haben. Das Stineli muß kommen; einzig nur beim Stineli ist es einem wohl und sonst gar nirgends!“

Die Mutter war herzugetreten, und da sie oft Ricos Erzählungen vom Stineli und seinen kleinen Geschwistern mit vieler Befriedigung zugehört hatte, wußte sie schon, von wem die Rede war, und sagte: „Ja, ja, mir wär' es schon recht, ich könnte ein Stineli schon brauchen für dich und mich; wenn ich nur eins hätte!“

Aber auf diese unbestimmte Auslassung ging Silvio gar nicht ein, denn er war völlig Feuer und Flamme für seine Sache.

„Jetzt kannst du gleich eins haben“, rief er weiter; „der Rico weiß, wo es ist, er muß es holen; ich will das Stineli haben alle Tage und immerfort; morgen muß es der Rico holen, er weiß, wo es ist.“

Wie nun die Mutter sah, daß der Kleine sich alles ausdachte und ganzen Ernst aus der Sache machen wollte, fing sie an, ihn auf alle Weise abzumahnen und auf andere Gedanken zu bringen, denn sie hatte mehrmals erzählen hören, was für unglaubliche Gefahren der Rico auf seiner Reise zu bestehen hatte, und wie es das größte Wunder sei, daß er lebendig habe bis nach Peschiera herunterkommen können, und was für ein schreckhaft wildes Volk dort oben in den Bergen lebe. So wußte sie ja, daß kein Mensch so ein Mädchen herunterholen würde, am wenigsten ein zartes Bürschlein wie Rico; er konnte ja ganz elend zugrunde

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_080.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)