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Nachdem er noch einen Schafhandel mit dem Kutscher besprochen, nahmen die beiden Abschied voneinander, und der Schafhändler winkte Rico, daß er mit ihm kommen solle.

Nach einer kurzen Wanderung trat der Mann in ein Haus und unmittelbar in eine große Wirtsstube ein, wo er sich mit Rico in einer Ecke niederließ.

„Nun wollen wir einmal deine Barschaft ansehen“, sagte er zu Rico, „daß wir wissen, was sie erleiden mag. Wohin mußt du unten am See?“

„Nach Peschiera am Gardasee“, war Ricos unveränderliche Antwort. Er zog nun seine Geldstücke alle hervor, ein artiges Häuflein kleiner Münzen und oben darauf das größere Silberstück.

„Hast du nur das eine gute Stück?“ fragte der Händler.

„Ja, nur das, von Euch hab' ich's“, entgegnete Rico.

Das gefiel dem Mann, daß er allein ein großes Stück gegeben hatte und daß es der Junge gut wußte; er bekam Lust, ihm gleich noch etwas zu geben. Als nun gerade das Essen vor sie hingestellt wurde, nickte der behäbige Mann seinem kleinen Nachbar zu und sagte: „Das bezahl' ich und das Nachtlager auch; so kommst du morgen aus mit deinem Vermögen.“

Rico war so müde von all dem Singen und Geigen und Fahren den ganzen Tag, daß er kaum mehr essen konnte, und in der großen Kammer, wo er zusammen mit seinem Beschützer die Nacht zuzubringen hatte, war er kaum in sein Bett gestiegen, als er sofort in einen tiefen Schlaf sank.

Am frühen Morgen wurde Rico von einer kräftigen Hand aus seinem festen Schlaf aufgerüttelt. Er sprang

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_056.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)