Seite:De Heimatlos (Spyri) 047.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Rosse regieren könne. Nun sah er einmal den Glücklichen in der Nähe, denn der Postwagen hielt still, und Rico verwandte nun kein Auge von dem merkwürdigen Manne, der von seinem hohen Sitz herunterkam, ins Wirtshaus eintrat und mit mehreren ungeheuren Stücken Schwarzbrot, über welchen ein gewaltig großer Brocken Käse lag, wieder aus dem Hause trat.

Nun zog der Kutscher ein festes Messer hervor und zerstückte sein Brot, und einem Pferd nach dem anderen steckte er einen guten Bissen ins Maul. Zwischenein kam er selbst an die Reihe, auf sein Stück Brot kam aber immer ein markiges Stück Käse. Wie sie nun alle zusammen so vergnüglich aßen, schaute der Kutscher ein wenig um sich, und mit einem Male rief er: „He, kleiner Musikant, willst du auch mithalten? Komm her!“

Erst seit Rico das Essen vor sich gesehen, hatte er gemerkt, wie sehr er Hunger hatte. Er folgte gern der Einladung und trat zu dem Kutscher heran. Der schnitt ihm ein ganz erstaunlich großes Stück Käse ab und legte dieses auf ein noch viel dickeres Stück Brot, so daß Rico kaum wußte, wie er die Dinge bewältigen konnte.

Er mußte seine Geige ein wenig auf den Boden legen. Der Kutscher schaute wohlgefällig zu, wie Rico in sein Frühstück biß, und während er selbst sein Geschäft fortsetzte, sagte er:

„Du bist noch ein kleiner Geiger, kannst du auch etwas?“

„Ja, zwei Lieder, und dann noch das vom Vater“, antwortete Rico.

„So, und wo willst du denn hin auf deinen zwei kleinen Beinen?“ fuhr der Kutscher fort.

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_047.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)