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„Nun möchte ich doch etwas wissen, wie heißt der See, wo es so schön ist?“

Rico besann sich. „Ich weiß es nicht“, sagte er, selbst verwundert darüber.

Da schlug Stineli vor, sie wollten jemand fragen, wie er heißen könne; denn wenn Rico doch einmal viel Geld hätte und gehen könnte, so müßte er ja den Weg erfragen und einen Namen wissen. Nun fingen sie an zu beraten, wen man fragen könnte; den Lehrer oder die Großmutter. Da fiel es Rico ein, der Vater werde es am besten wissen; den wollte er fragen, sobald er heimkomme.

Unterdessen war die Zeit vergangen und auf einmal hörten die Kinder ganz in der Ferne ein leises Läuten. Sie kannten den Ton, es war die Betglocke. Sie sprangen gleich beide vom Boden auf und rannten miteinander Hand in Hand durch Gestrüpp und Schnee die Halde hinunter und über die Wiese hin, und es hatte noch nicht lange verläutet, so standen sie schon an der Tür, wo die Großmutter nach ihnen aussah.

Stineli mußte nun gleich ins Haus hinein, und die Großmutter sagte nur schnell: „Geh du auch gleich hinein, Rico, und bleib nicht mehr stehen vor der Tür.“

Das hatte die Großmutter noch nie zu ihm gesagt, obschon er es immer tat, denn es gelüstete ihm nie, in das Haus hineinzugehen, und er stand immer erst eine Zeitlang vor der Haustür, ehe er's tat. Er gehorchte aber der Großmutter aufs Wort und ging gleich hinein.

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_023.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)