Seite:De Heimatlos (Spyri) 022.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Aber der Vater hat mir noch etwas gesagt; siehst du, Stineli: wenn man auf dem Wege ist und in ein Wirtshaus hineingeht und ißt und schläft da, so muß man immer bezahlen, da muß man wieder Geld haben.“

„O, Geld haben wir jetzt so viel“, rief Stineli triumphierend. Aber Rico triumphierte nicht mit.

„Das ist gerade so viel wie nichts, das weiß ich noch von der Geige her“, sagte er traurig.

„So bleib du lieber daheim, Rico; sieh, es ist doch daheim so schön.“

Eine Weile lang saß Rico nachdenklich da, seinen Kopf auf den Ellbogen gestützt, und seine Augenbrauen kamen wieder ganz zusammen. Jetzt kehrte er sich wieder zu Stineli, das unterdessen von dem weichen, grünen Moos ausrupfte und ein Bettlein machte, zwei Kissen und eine Decke, die wollte es dem kranken Urschli bringen. „Du sagst, ich soll nur daheim bleiben, Stineli“, sagte er mit gefalteter Stirne; „aber siehst du, mir ist es gerade so, wie wenn ich nicht wüßte, wo ich daheim bin.“

„Ach, was sagst du“, rief Stineli und warf vor Erstaunen eine ganze Hand voll Moos weg. „Hier bist du daheim, natürlich. Da ist man immer daheim, wo man seinen Vater und seine Mutter –“; hier hielt es plötzlich inne: Rico hatte ja gar keine Mutter, und der Vater war schon so lang wieder fort, und die Base? – Stineli kam der Base nie zu nah, sie hatte ihm nie ein gutes Wort gegeben; es wußte gar nicht mehr, was sagen. Aber Stineli konnte in einem so unsicheren Zustande nicht lange bleiben. Rico hatte wieder zu staunen angefangen; auf einmal faßte es ihn am Arm und rief:

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_022.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)