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du, Rico, eine Geige kostet nicht so viel; es ist nur altes Holz und vier Saiten darüber gespannt, das kostet nicht viel. Du mußt nur morgen den Lehrer fragen, was eine Geige kostet, und nachher suchen wir eine.“

So blieb es ausgemacht, und Stineli dachte, es wolle daheim tun, was es nur könne, und ganz früh aufstehen und das Feuer anmachen, eh’ nur die Mutter auf sei; denn wenn es so immerfort etwas tat von früh bis spät, steckte ihm gewöhnlich die Großmutter einen Blutzger in den Sack.

Am folgenden Morgen, als die Schule aus war, ging Stineli allein hinaus und an der Ecke vom Schulhaus stand es still hinter dem Holzhaufen und wartete auf den Rico, der jetzt den Lehrer fragen sollte wegen der Geige. Er kam lange nicht heraus, und Stineli guckte immer wieder mit Ungeduld hinter dem Holze hervor, aber es waren nur die anderen Buben, die noch da und dort herumstanden. Aber jetzt — richtig, Rico kam um den Holzhaufen herum. Da war er.

„Was hat er gesagt, was kostet sie?“ rief Stineli mit angehaltenem Atem vor Erwartung.

„Ich habe nicht fragen mögen“, antwortete Rico verzagt.

„O, wie schade!“ sagte Stineli und stand ganz verblüfft da, aber nicht lange. „Es ist gleich, Rico“, sagte es wieder fröhlich und nahm ihn bei der Hand zum Heimgehen, „du kannst nur morgen fragen. Ich habe auch schon wieder einen Blutzger bekommen heute früh von der Großmutter, weil ich schon auf war, als sie in die Küche kam.“

Nun ging es aber am folgenden Tage wieder ganz gleich und am dritten auch; Rico blieb immer eine halbe Stunde

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_014.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)