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ist der verehrungswürdigste Mann auf dem ganzen Erdboden. Der Theolog befreit dich von der Sünde die er selbst erfunden hat; der Jurist gewinnt dir deinen Proceß und bringt deinen Gegner der gleiches Recht hat an den Bettelstab; der Medicus curirt dir eine Krankheit weg, die andere herbei, und du kannst nie recht wissen ob er dir genutzt oder geschadet hat; der Chirurgus aber befreit dich von einem reellen Uebel, das du dir selbst zugezogen hast, oder das dir zufällig fund unverschuldet über den Hals kommt; er nutzt dir, schadet keinem Menschen, und du kannst dich unwidersprechlich überzeugen, daß feine Cur gelungen ist.

Caroline. Freilich auch, wenn sie nicht gelungen ist.

Breme. Das lehrt dich den Pfuscher vom Meister unterscheiden. Freue dich, meine Tochter, daß du einen solchen Meister zum Vater hast: für ein wohldenkendes Kind ist nichts ergetzlicher als sich seiner Eltern und Großeltern zu freuen.

Caroline (mit traurigem Ton, wie bisher). Das thu’ ich, mein Vater.

Breme (sie nachahmend). Das thust du, mein Töchterchen, mit einem betrübten Gesichtchen und weinerlichen Tone. – Das soll doch wohl keine Freude vorstellen?

Caroline. Ach, mein Vater!

Breme. Was hast du, mein Kind?


Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Funfzehnter Band. Stuttgart und Tübingen, J. G. Cotta’sche Buchhandlung. 1829, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Goethe_Werke_LH_15_012.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)