Seite:De Geschichtsauffassung 203.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

um, wie er sagte, mit dem Neuen das Alte zu retten.[1] Aber das waren Behelfe. Das Feld für ein wirkliches Kaiserbuch blieb frei, und wie es natürlich war, daß ein Kaiser, der sich nicht ungern Maximus Aemilianus nennen ließ, gerade ein solches Werk immer wieder entstehen zu sehen wünschte, so drängten die Münz- und Inschriftenforschungen der Humanisten zu neuen Darstellungsversuchen.

Schon Johann von Dalberg muß auf Grund seiner Münzsammlung „Caesares“ geplant haben.[2] Sie sind schwerlich fertig geworden, aber Peutinger, der sich danach erkundigte, nahm den Plan auf breiteren Grundlagen wieder auf, und neben ihm treffen wir Johann Huttich, Johann Fuchsmag und Cuspinian am gleichen Thema. Schon 1507 weiß Wimpfeling, daß Maximilian einen „Bildersaal deutscher Ahnen“ plane. Es kann doch kaum etwa anderes als das Kaiserbuch gewesen sein, das mit Münzbildern, etwa von Dürers Hand ins Große übersetzt, zu illustrieren gewesen wäre, wie es dann Peutinger und Cuspinian wirklich anlegten.[3]

Fast aber schien es, als sollte auch hier italienische Formgewandtheit der deutschen Gründlichkeit zuvorkommen. 1517 ließ der Venetianer Johannes Baptista Egnatius, ein Schüler Angelo Politianos und als Philolog längst von Ruf, seine drei Bücher De Caesaribus a dictatore Caesare ad Constantinum Palaeologum, hinc a Carolo Magno ad Maximilianum Caesarem erscheinen.[4] Da war nun eine moderne Reihe von Kaiserbiographien, nach einem Gesamtplane gleichmäßig durchgeführt, in eleganter, oft rhetorisch wirksamer Sprache, das meiste kurz zusammengefaßt, aber doch auch nicht ohne interessante Einschübe, wie über den Ursprung von Byzanz, über das Arsacidenreich, die Türken, über Mahomed und die „Captivitas Romae“ von 410, Dinge, auf deren Neuheit die Vorrede gebührend hinwies. Überdies war das Buch unzweifelhaft mit Rücksicht auch auf deutsche Leser geschrieben, wenn es auch einem Franzosen gewidmet war, die Kaiser von Karl dem Großen bis Arnulf[5] als Gallier erscheinen und der Verlust des Imperiums mit Otto dem Großen als Schmach für Frankreich betrachtet wird. Denn dies hat den Egnatius ebensowenig wie sein italienischer Patriotismus gehindert, die meisten deutschen Kaiser in sehr günstigem Lichte zu sehen. Er findet, daß an ihnen doch viel mehr Lobenswertes sei als an den schismatischen Byzantinern, sogar in ihrem Verhältnis zu den Päpsten.[6] Er sagt von Heinrich V., sein Wesen sei mehr List als Mannhaftigkeit gewesen, was doch sonst bei den Germanen nicht gewöhnlich sei. Bei den


  1. [290] 28) S. Horawitz in SBWA. LXXI, 661.
  2. [290] 29) Morneweg, Dalberg 155. Peutinger an Reuchlin 1503 april 22: Et cura, quod patronus noster Dalburgius aliquando Caesares suos vel saltem nomismatum inscriptiones ad nos mittat (Reuchlins Briefwechsel ed. Geiger 83).
  3. [290] 30) Die Notiz aus Wimpfelings verlorener Schrift De arte impressoria bei Janssen, Gesch. d. dtn. Volkes I17, 159. Für die beabsichtigte Illustration des Peutingerschen Kaiserbuchs sein Brief an Celtis von 1505 [clm. 4028 f. 1]: Imperatores . . a C. Julio . . usque ad Maximilianum . . . una cum imaginibus et insignibus prope absolvimus . . . Für Cuspinian dessen Brief an Pirckheimer 1526 nov. 25 [Pirckheimeri Opp. 252 ff.]. Imagines Caesarum omnes non sunt excisae hactenus, quia caremus artificibus. Sed hanc partem reliquam excudendam reservare tibi et tuo Achati Alberto Durero facile huius artis principi.
  4. [290] 31) Venetiis apud Aldum 1516 (!), obgleich die Vorrede des Egnatius vom 10. Juni 1517 datiert ist. Zur Biographie Agostini, Notizie istoriche spettanti alla Vita e agli Scritti di Batista Egnatio. Venedig 1745.
  5. [290] 32) Egnatius macht ihn zu einem Enkel Ludwigs des Stammlers, was ihm Cuspinian (Caesares 216) heftig vorwirft (inepte somniavit Egnatius). Egnatius gesteht seine Unsicherheit, hat aber als Grund seiner Vermutung: nec enim video, qui fieri potuerit, ut obscurissimus homo, (quod quidam asserant) imperio praefuerit, Gallis praesertim suos reges tanta veneratione colentibus et ignobiles aversantibus.
  6. [290] 33) S. die Vorreden zum 2. und 3. Buch, sie zeigen ein Schwanken der Tendenz. Dazu bei Otto III: Non poenitet adhuc Germanorum principum, quippe quorum virtute Christiana pietas et res Italica respiravit.