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VII.
Die humanistische Hofgeschichtschreibung unter Kaiser Maximilian.

Überblickt man die Masse der literarischen Hervorbringungen des deutschen Humanismus, so scheint es, als schlössen sie sich alle um einen einzigen Mittelpunkt zusammen: Maximilian. Auf Tausenden von Widmungsblättern prangt sein Name. Von den philosophischen Spekulationen Picos von Mirandula bis zu dem deutschen Livius und Vegetius ist nichts, wofür man ihm nicht Interesse zutraut. Und es ist nicht bloß ein empfangendes Mäzenatentum, das man ihm zuschreibt. Was Cuspinian aussprach, das war die allgemeine Meinung des humanistischen Chorus: Eius ductu literae Hebraicae, Graecae ac Latinae, elegantiores quoque disciplinae quasi in Germania primum ortae sunt ac paulatim succreverunt et tandem vi ac impetu quodam eruperunt.[1] Max ist wenigstens für die deutschen Humanisten selbst der Schöpfer dieser ganzen humanistischen Kultur.

Man wird auf das Lob von Leuten, die selbst an dem schläfrigen Friedrich III. allerlei mäzenatische Interessen zu entdecken wußten, nicht viel geben. Aber das ist sicher: Maximilian hat die humanistische Kultur in Deutschland zwar nicht geschaffen, aber er hat sie mit der lebendigsten Anteilnahme erfaßt und gefördert.

Aber kommt er auch von ihr her? Oder gehört er ihr auch nur innerlich an? Allerdings, er liest den Cäsar und spricht Latein trotz schlechter Jugendbildung, wie Beatus Rhenanus von ihm rühmt, er sammelt Münzen und Inschriften, wie die Päpste und die italienischen Tyrannen. In seinen Schlössern in Graz und Cilli stehen Grabsteine römischer Legionare, einen in Ettlingen gefundenen Neptun hat er 1511 nach Weißenburg, einen Herkules aus der Reichenau nach Innsbruck führen lassen.[2] Wenn er 1499, mit Pirckheimer auf der Fahrt über den Bodensee, einem Schreiber Stücke einer Selbstbiographie im „Reuterlatein“ diktiert, so mochte dieser wohl an Cäsar denken, wenn er mit Aldus Manutius über die Errichtung einer Akademie in


  1. [286] 1) Cuspinian, Caesares (Prankfurt 1601) 486.
  2. [286] 2) Die Äußerung des Rhenanus im Briefwechsel 42. – Zu den Münzsammlungen die Bemerkung im Weißkunig: Er hat alle munz, so die kayser, kunig und ander mächtig herrn vor zeiten geschlagen haben und die funden und ime zuegepracht worden sein, behalten und in ain puech malen lassen, dardurch oft ain kayser, kunig und herr mit seinem namen widerumb geoffenbart, des sonst ganz vergessen worden wäre. – Für die Inschriftensteine in den Schlössern der Brief des Petrus Bonomus bei Zapf, Merkwürdigkeiten der Zapfischen Bibliothek 296. – Dazu CIL III, 587 nr. VI. Interesse Maxens an der Igler Säule in Trier Pirckheimer, Opp. 252. – Über den Ettlinger Stein die interessanten Zusammenstellungen CIL XIII, II, 204. Auch Irenikus kennt ihn als Ettlinger s. Exegesis 28 und 201b. Über den Herkules in der Reichenau Peutinger, Sermones convivales (ed. Zapf) 26: Ladislaus noster (sc. Sunthaim) capellanus regius me certiorem reddidit aedem sacrae insulae Rhenanae Augiae maioris a deo Alman ab accolis cognominatam. Dazu Vadian im Melakommentar (1522) Gg 3: Et sunt hodie, [287] qui a deo Alman, quem peculiariter coluerint, Almannos dictos credant, cuius simulacrum adhuc in eius ripae vetustissimo coenobio, quam Augiam hodie maiorem vocant, cernitur, ut vidisse se in sua Geographia Vladislaus Suntham rettulit. – Zur Überführung Aventin, Annalen I (WW. II), 41: (Alemanus Hercules) . . . eius aereum signum in Richavia coenobio Suevorum hactenus servatum Ioannes Stabius historiographus iussu imperatoris Maximiliani caesaris augusti nostra aetate transtulit Tirolios; regia est Noricorum in ripa Athesis. [Eine andre Überführung (Inschriftenstein aus Mittenwald) ibid. 156.] Althamer berichtet im Tacituskommentar die Überführung nach Innsbruck.