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der Bauern, erweitert und durch Schilderung von Tracht und Lebensweise lebendiger gemacht. Die Schilderung des Gerichtsverfahrens hat ihn zu weiteren Beobachtungen auf diesem Gebiete geführt, und wir finden hier zum erstenmal in einem gedruckten Geschichtswerke Sätze aus den deutschen Volksrechten.[1]

Was aber den Jünger erheblich von seinem Lehrer unterscheidet, das ist der politische Standpunkt. Es mag mit seiner Beschränkung auf Franken, Schwaben, Sachsen und Baiern zusammenhängen, daß er des Kaisertums gar nicht Erwähnung tut, aber er schildert auch Italien, ohne ein Wort von seinen Beziehungen zum Reiche zu sagen, und dies ganze Buch, das 1517 begonnen und 1520 vollendet ward, enthält nirgends den Namen Maximilians! Am bezeichnendsten für ihn aber ist der Zusatz, den er zu Nauklerus’ Schilderung des Adels gemacht hat: „Gens superba, inquieta, avara, ecclesiae praelatis et eorum bonis insidians semper, subditos rusticos irremissa servitute exercet, incredibile dictu, quantum miseros et infelices homines vexet, quantum exsugat. Esset Germania nostra ter quaterque foelix, si Centauri isti, Dionisii et Phalarides aut eicerentur aut saltem ipsorum tyrannide refrenata et potestate diminuta privatim, quemadmodum in Helvetia nobiles, vivere cogerentur.“

Das Buch Böhms hat denn auch erst bei den Männern, die „schweizerisch“ dachten, bei Sebastian Franck und bei Münster, seine Auferstehung gefeiert. Bei den Männern der „Germania illustrata“ blieb es zunächst wirkungslos, es lag so gar nicht auf ihrem Wege, und Böhm selbst scheint, wie Irenikus, in den theologischen Fragen untergetaucht zu sein. Am Abend seines Lebens ist er zum Luthertum übergetreten. Die Omnium gentium mores sind auch bei ihm der einzige Versuch auf historischem Gebiete geblieben.


Indessen schienen von verschiedenen Seiten die Kräfte einem neuen Versuche, „Deutschland zu erläutern“, zuzuwachsen. Matthäus Lang, der Kardinal von Salzburg, in dem die mäzenatische Überlieferung der Maximilianszeit am lebhaftesten fortlebte, und auf den man als Patron auch dieses Werks hoffte, meinte noch 1532, auf vier Männer als die Säulen eines solchen Unternehmens rechnen zu können, es sind Rhenanus, Aventin, Sebastian von Rotenhan, Sebastian Münster, denen er als fünften den 1531 verstorbenen Pirckheimer beigesellte.[2] Wie Rhenanus von dem Plane einer Germania illustrata ausgegangen war, dann aber doch etwas anderes schuf, haben wir gesehen. Aber


  1. [282] 119) Lib. III cap. 18 De Bavaria et Charinthia et earum priscis legibus moribusque, quibus hodie vivunt. Dazu Schmidt l. c. 96.
  2. [282] 120) Quelle ist der im Bfwechsel d. Beatus Rhenanus 368 und danach in Aventins WW. VI, 181 abgedruckte Brief Aventins an Rhenanus. Das sehr verstümmelte und jetzt verlorene Stück war angeblich Raetobonnae Kal. Iunii MDXXVI datiert. Daß das nicht sein kann, haben schon Lenz und Leidinger gesehen. Die graphisch einfachste Verbesserung von Lenz MDXXXI verwirft Leidinger, weil Aventin Juni 1531 nicht in Regensburg ist, für das ihm wahrscheinlichere 1532 spricht auch der Eintrag im Hauskalender (l. c. VI, 50,26) zum Dezember 1531: nec ea res privatis, maior est privatis opibus, die Leidinger mit Recht auf neue Beschäftigung Aventins mit dem Plane der Germania bezieht. – In dem zerstörten Texte schlage ich vor zu lesen: reverendissimus cardinalis Salisburgensis multum delectatur libris tuis de rebus germanicis a te perscriptis, saepius cum summo honore de te loquitur atque de me simile opus operari sentit, decrevit te atque me et Sebastianum atque Rotenhan, quos columnas quatuor Germaniae illustrandae solet nuncupare, quintum Bilibaldum Pyrcamerum, qui fato iam functus est (4. Dez. 1530), enumerat. vidi apud principem horum studiorum maximum admiratorem indicem Sebastiani Munsteri de rebus germanicis.