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der Leipziger Zeit kamen, jede in ihrer Art, dieser Absicht zugute. Ein Ausflug nach Zwickau führte ihn zu dem wunderlichen Fälscherantiquar Erasmus Stella, der ihn mit feierlichen Worten in seinen auf das deutsche Altertum gerichteten Bestrebungen bestärkte[1], eine wohl von Althamer brieflich angeknüpfte Bekanntschaft mit Johann Böhm (Boemus) aus dem unterfränkischen Aub wies ihn auf die Beobachtung der Gegenwart.[2] Böhm, der gerade damals sein eigenes Werk „Omnium gentium mores“ zum Druck vorbereitete, hat ihn dann wohl auch auf Pomponius Mela, dessen Reihenfolge er selbst einhielt, und damit auf Vadians soviel Aufsehen erregenden Kommentar zu diesem Autor aufmerksam gemacht, wenigstens berichtet Althamer im Februar 1521 an Vadian[3], sein Tacituskommentar sei fertig und sei nach dem Muster des Melakommentars gearbeitet.

Aber als er nun das Werk den Freunden zeigte, fand er mehr Widerspruch, als in Humanistenkreisen gewöhnlich war. Christoph Hegendorf in Wittenberg riet ihm mit deutlichem Hinweis auf den Kommentar des Rhenanus ab, seine „Stromata“, wie er es nennen wollte, drucken zu lassen[4], und als der Druck doch begann – zufällig bei demselben Verleger, der den Kommentar des Rhenanus gedruckt hatte, – erhob sogar der Korrektor seine Einwände.[5] Entscheidend wurde der Ausspruch Melanchthons, der freundlich aber bestimmt die Arbeit als ein unreifes Jugendwerk bezeichnete und auch seinerseits auf Beatus Rhenanus als Muster hinwies.[6]. Man sollte meinen, es hätte des Hinweises nicht gebraucht, denn Althamer hatte schon vorher in einer Epistel an seinen Oheim über sein geliebtes Schwaben die Vorrede des Tacituskommentars ausgeschrieben.[7] Aber das war wohl nur eine der vielen fremden Federn, die der schnellfertige auflas.

Jedenfalls wird es nun still von den „Stromata“[8], und als sie 7 Jahre später – Althamer war längst über die „Tretmühle“ der Schulmeisterei ins geistliche Amt gelangt und als theologischer Schriftsteller aufgetreten – in Nürnberg erschienen[9], da rühmte der Epilog in der Tat als den, dem der Autor am meisten verdanke, Rhenanus.

Aber die Methode verdankte Althamer ihm doch nicht. Vielmehr zeigt das Werkchen noch alle die Schichten seiner Entstehung: die geographischen Teile mit ihrer Mischung von alten und neuen Zeugnissen, brieflicher Erkundigung und – spärlicher – eigener Beobachtung[10] deuten auf Vadian, in dessen Bann er auch in der ein


  1. [266] 187) Über Stella s. Hirsch in d. SS. rer. Prussicarum IV, 275 ff. Ob wohl der Hermannus, Saxonicus scriptor, den Althamer in Tacitus II wiederholt zitiert, aus Stellas Fälschungen stammt?
  2. [266] 188) Brief Böhms bei Ballenstedt 66: Si quid de his rebus (sc. Suevorum) scribere velis, pagos veteres posthabe et nunc de centum clarissimis Sueviae urbibus aliquid compone. Über Boemus s. w. u. VI117.
  3. [266] 188 a) Vadians Briefwechsel ed. Arbenz II, 340.
  4. [266] 189) Ballenstedt 77: Schumannus nuper mihi stromata ostendebat, adfirmans te velle, typis ab eo excuderentur. Ego tui amore illa ipsa σκώμματα(!) a capite ad calcem usque pervolvebam. Ubi eam pervolveram, placebant mihi, sed cogitabam: ὦ πόπποι, nasutum est nostrum saeculum. Cum Beatus Rhenanus, vir et litteris et moribus beatissimus, σχόλια in Tacitum emiserit, non deerunt, qui Palaeosphyram cornicum oculos configere velle calumniabuntur. . . . Quare adsum, te christiano pectore adhortaturus, illa tua stromata tantisper domi premas, donec criticum illud hominum genus extinguatur.
  5. [266] 190) Ballenstedt 80. Interessant ist, daß die hier angegriffene Stelle über den barritus von Althamer in der Tat zunächst getilgt worden ist, aber im Tacitus II, 74 steht sie wieder.
  6. [266] 191) Ballenstedt 57 und Corp. Reform. I, 629, mit Kolde 62 zu 1521 oder wohl 1522 zu setzen.
  7. [266] 192) Abgedruckt bei Ballenstedt 46 ff.
  8. [266] 193) Daß sie in dem Wolffenbüttler Kodex, jetzt nr. 3128, vorliegen, wie Kolde 6 will, glaube nach den Inhaltsangaben bei Ballenstedt 16 f. und Heinemann, Hss. d. Bibl. zu Wolffenbüttel II, 1, 232 f. nicht. Hier handelt es sich vielmehr um das Werk über Schwaben, das Althamer auch Tacitus II, 282 erwähnt. Wie dann freilich die beabsichtigte Dedikation an Peutinger (Ballenstedt 43) von Miscellis de Germanoram rebus sprechen kann, ist nicht klar.
  9. [266] 194) Titel und Inhalt der Vorrede bei Kolde 113 ff. Das Büchlein scheint selten zu sein, ich kann nur ein unvollständiges Exemplar der Münchner Staatsbibliothek benutzen, doch ist der Text auch im Schardius redivivus I, 1 ff. zugänglich (danach ist Kolde 1252 zu korrigieren).
  10. [266] 195) Erkundigungen für Frankreich bei Ambrosius Leimbach in Halle, für die Donau bei Matthäus Neser in Tübingen, dazu im Tacitus II, 118 über Preußen Nachrichten seines Verwandten Melchior Ziegler, 203 Besuch bei Hieronymus Gebwiler. Eigene Beobachtungen z. B. I, 16 (Hessische Sitten), 28 (Speisen der Sachsen).