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vielgeschäftige Thomas Wolff 1506 in Straßburg zum Druck beförderte.[1] Sie mögen inhaltlich und als Zeugnis der Kritik kaum höher stehen als anderes, das der Aufzeichnung und des Druckes nicht gewürdigt wurde; aber nichts ist so geeignet als dies kleine Buch, um uns eine Vorstellung von der Buntheit des humanistischen Interessenkreises jener Tage zu geben, in dem historische, theologische und geographische Themata friedlich nebeneinander stehen. Da spricht man davon, ob die Gebeine des Dionysius Areopagita in Regensburg oder bei Paris zu suchen seien, eine alte Streitfrage, und Peutinger entscheidet sie für Regensburg, indem er die Urkunde Leos IX. vom 7. Oktober 1052 anzieht, bekanntlich eine spätere Fälschung.[2] Vorsichtiger drückt er sich über den zweiten Gesprächspunkt aus, ob der Apostel Paulus verheiratet gewesen sei, er wußte, daß er da ein bedenkliches Thema berühre. Die Fahrten der Portugiesen nach Indien führen dann auf alte Zeugnisse für die Umschiffung Afrikas. Aber das Hauptthema ist dasselbe wie bei Wimpfeling und Coccinius, die Frage nach dem Deutschtum der linksrheinischen Landschaften. Sie wird nicht ohne mancherlei krause Abschweifungen behandelt, aber es ist doch viel klarer wie bei Wimpfeling geschieden zwischen Besiedelung und Beherrschung des umstrittenen Gebiets, die Schriftstellerzeugnisse sind weitsichtig herangezogen und, wo nicht lokalpatriotische Schwäche, wie bei der Varusschlacht, oder ein nicht selten wahrnehmbares Streben nach einer vermittelnden Meinung oder endlich urgeschichtliche Spekulation nach Pseudoberosus Peutinger hindert, nicht ohne Scharfsinn verwertet. Insbesondere aber tritt auch hier Peutingers Inschriften- und Urkundenkenntnis hinzu, so daß der Freiburger Zasius ohne viel Übertreibung sagen konnte: „Was Wimpfeling nicht übel angefaßt hat, das hat Peutinger an seinen Platz gerückt.“ Über dem Ganzen schwebt der Enthusiasmus, den Maximilians jüngste kriegerische Erfolge in der Landshuter Fehde, vor allem der von allen humanistischen Poeten gefeierte Böhmensieg bei Regensburg und die Einnahme Kufsteins, im Augsburger Kreise geweckt hatten, nur gelegentlich gedämpft durch die Erwägung, daß es doch andere Zeiten gewesen seien, da die Sueven noch die Lusitanier mit den Waffen überwanden als jetzt, wo die durch inneren Zwist zerrissenen Nachkommen sie als Händler aufsuchten.[3]

Von den brieflichen Diskussionen, die wir kennen, ist eine der lebhaftesten die über die Wohnsitzen der Nantuaten. Hier hatten zwei Cäsarstellen, von denen die eine sie ins Wallis, die andere ins Rheintal versetzte, schwere Verwirrung angerichtet. Der Augsburger,


  1. [255] 89) Sermones convivales, in quibus multa de mirandis Germaniae antiquitatibus referuntur; ex officina litteratoria Joannis Prus. Argentinae in aedibus Thiergarten recognoscente Matthia Schurerio 1506. Über diese und die späteren Ausgaben s. Lotter-Veith, Vita Peutingeri 71 ff. Ich zitiere nach dem Neudruck von Zapf 1781, der Seitenzahlen hat, doch bemerke ich, daß Zapf stilistisch mehrfach willkürlich änderte. Die zweite Auflage von 1530, die Lotter-Veith 73g erwähnt, hat den Schlußvermerk: Quum hos Peutingeri Sermones multi Germanicarum rerum studiosi expeterent, edidimis illos ad fidem exemplaris, quod Matthias Schurerius recognoverat. Emendatioris enim copia nobis non erat, neque in opere, cuius author adhuc vivit, voluimus esse curiosiores. Boni [256] consulas itaque lector laborem hunc nostrum et Vale. Argentinae anno 1530. Danach ist die von Lotter-Veith l. c. aus Peutingers Handexemplar mitgeteilte handschriftliche Bemerkung des Autors: Hoc opus est a me pluribus in locis retractatum et auctum, sed non formis denuo excusum auf Korrekturen Peutingers zu beziehen, die bisher unbekannt geblieben sind. Es wäre interessant sie kennen zu lernen. – Zum Titel vgl. Filelfos Conviviorum liber u. a.
  2. [256] 90) Interessant ist der Vergleich mit Aeneas Sylvias, De dictis et factis Alfonsi regis. Lib. II, caput 1.
  3. [256] 91) Zapf S. 44.