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nur ihre Beobachtungen an Land und Leuten vergleichen, – zwischen ihren antiquarischen und historischen Vorstellungen liegt eine Welt – ist der Unterschied groß. In den wirren Vorstellungskreis Fabris ist Ordnung gekommen, es ist wirklich eine Beschreibung Schwabens, nicht ein beständiges Abschweifen auf Gemeindeutsches und Außerdeutsches. Im Geographischen ist Naukler zu erheblich klareren Anschauungen vorgedrungen, die Burgen im Hegau einerseits, Schwäbisch-Hall und Dinkelsbühl andrerseits erscheinen ihm als die propugnacula totius Sueviae. Bemerkungen, wie die über die sphärische Gestalt der Rießebene und über die drei Besiedelungsstufen des schwäbisch-fränkischen Stufenlandes wird man bei Fabri vergebens suchen. Auch die juristische Bildung Nauklers zeigt sich, ihr verdanken wir nicht nur eine charakteristische Stelle über die Laiengerichtsbarkeit, sondern auch einen ersten Versuch, den Aufbau der Stände für ein ganzes Land zu schildern und einen Durchschnitt städtischer Verfassung zu geben. Wie auch hier die Altertumsstudien vorgearbeitet haben, sieht man, wenn man den Schluß des ersten Teils der Chronik nachliest, den Naukler mit der aus Strabo entlehnten Descriptio rei publicae Romanae äußerlich und innerlich abgeschlossen hatte.

Aber dennoch möchten wir neben Naukler Fabri nicht missen. Die vielen kleinen Züge, die bei diesem das Bild farbenreich machen, sind stark zurückgedrängt. Sie fehlen nicht ganz; Naukler weiß von den Schwarzwaldtannen und dem Handel damit, von der Schwierigkeit des Getreidebaus auf der schwäbischen Alp, von der Gewinnung des Fichtenharzes auf der Frankenhöhe und im Steigerwald zu erzählen, aber man sieht wohl, daß der Autor sich hier mit Willen beschränkt, und das nicht nur, weil er nicht von unten wie Fabri, sondern von oben die Dinge beschaut, sondern weil er dem Gesetz humanistischer Beschreibung folgt, das die Ordnung gebende Kunstform über die Einzelheiten stellte. Was dieses Gesetz der humanistischen Geschichtschreibung genützt und geschadet hat, werden wir noch sehen.

Am unbedeutendsten erscheint Nauklerus als Darsteller der Zeitgeschichte und der jüngsten Vergangenheit. Es hat ihm nichts genützt, daß er das Memoirenfragment Lionardo Brunis und alle zeitgeschichtlichen Darstellungen Enea Silvios kannte. Wo er selbst zu berichten hat, bleibt er ein trockener Annalist, bei dem höchstens die Sorgfalt der Erkundigungen und die Weite des Blickes zu rühmen ist. Im Herausheben des Charakteristischen ist ihm hier auch Trithemius überlegen. Sogar der Nachruf auf Kaiser Friedrich III. gründet sich fast durchaus auf Urteile Enea Silvios, obgleich der