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wichtig, daß er in der Form der Klosterchronik, wie sie ihm die Karolingerzeit bietet, das Vorbild für seine eigenen Aufzeichnungen sieht. Er macht bemerkenswerte Ansätze zu einer Selbstbiographie, aber er versteckt das beste davon in seiner Sponheimer Klostergeschichte[1], seine Quellenstudien treiben je länger je mehr einer deutschen Geschichte zu, aber was davon fertig geworden ist, liegt in Hirschauer Annalen vor. Und mochte er hier noch so sehr zeigen, daß er historische Quellen nicht nur zu finden, sondern sie auch zu charakterisieren und ihnen Platz und Bedeutung zu geben wußte, das Ergebnis ist doch nicht mehr, als eine Rückkehr zu dem Standpunkt Ekkehards und Sigeberts, nur ohne deren kritische Klarheit.

Daß er wenigstens in einem Punkte weitergekommen, zu einer selbständigen Auffassung deutscher Geschichte vorgedrungen ist, verdankt er, wenn nicht alles täuscht, jenen für sein persönliches Geschick verhängnisvollen Jahren 1505/7, die ihn mit Kaiser Maximilian in Berührung brachten.

Von den mancherlei Bestrebungen Maximilians fanden zwei bei Trithemius das willigste Echo, die astrologischen Spekulationen und die genealogischen Hypothesen. Für Maximilian, den lebensfrischen, ewig projektierenden, konnte die Aussicht nichts Freundliches haben, daß am Ende dieses römischen Reichs – und nach der Meinung der Prophezeiungen wohl gar bald – das Reich des Antichrists stehe. Eine andere Auffassung des Weltenplans bot damals nur die Astrologie, und Trithemius hat sie für Max in der „Mystischen Chronologie“ oder der Abhandlung von den sieben Planetengeistern, deren jeder eine bestimmte Zeit die Welt regiert, niedergelegt.[2] Es ist eine sehr willkürliche Periodisierung der Weltgeschichte, aber interessant, da sie mit so leichter Hand die bis dahin feststehenden Einschnitte verlegt und in eine reichlich bemessene Zukunft hinausweist.

Die Arbeit steht in gar keinem Zusammenhang mit den übrigen historischen Werken des Trithemius, auch später hat er davon keinen Gebrauch gemacht. Viel wichtiger wird sein Bestreben, auch den genealogischen Wünschen des Kaisers zu dienen, ihm entstammt seine zweite Fälschung, der „zuverlässige Geschichtschreiber der Urzeit der Franken“, der Hunibald.

Auch mit seinen Fälschungen steht Trithemius in der Mitte zwischen Humanismus und Mönchtum. Dies fälscht, um seinem Kloster einen Rechtstitel oder den Gebeinen seines Heiligen eine

  1. [231] 39) Nachweise in d. Biographie bei Silbernagl. Daselbst ist auch auf die Ergänzung durch den Nepiachus verwiesen.
  2. [231] 40) Ausführliche Besprechung im Zusammenhang ähnlicher Arbeiten bei Bezold, Astrologische Geschichtskonstruktion im MA. (DZG. VIII, 67 ff.).