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als Eideshelfer dienen. Hier haben ihm neben der großen Rede vom Frankfurter Türkentage besonders die Briefe Eneas geholfen. Denn was wüßte er wohl von dem Aufschwung der Wissenschaften „seit Petrarka“ und dem der Künste „seit Giotto“, wenn er es nicht in Eneas Briefen an Heimburg und Niklas von Wyle gelesen hätte?[1] Dahin, daß er nach deutschen Künstlern und Schriftstellern forscht, bringt ihn diese Entlehnung nun freilich nicht, aber „wir sehen“, sagt er, „daß heute in Deutschland Malerei und Bildhauerkunst in höchster Blüte steht, in Italien aber die Beredsamkeit ihre Strahlen wirft“. „Denn“ – so fährt er mit bemerkenswertem Gedankensprunge fort, „in Mainz ist 1459 die Buchdruckerkunst erfunden worden.“ Er ist einer der ersten, die dies und die Erfindung der „Bombarden“ als besondere Ruhmestitel des deutschen Volkes anführen.[2]

Was er nun freilich als Beschreibung Deutschlands und Schwabens dem Leser vorlegt, ist eine recht bedenkliche Leistung. Nicht sowohl deshalb, weil der geographische Anfang sehr schnell in eine Schwäbische Geschichte übergeht – diese Verquickung von Geschichte und Landesbeschreibung mit Vorwiegen der ersteren fand sich gerade so in Eneas Werken, sie ist ein Kennzeichen der Jugendjahre der geographischen Wissenschaft, wo ihre Jünger noch gar zu leicht aus der schweren Kunst des Beschreibens in die so viel leichtere des Erzählens fallen. Aber Enea weiß, was er erzählt, es ist nicht ungereimt, wenn er bei Westfalen von der Soester Fehde, bei Franken von der Gestalt Albrecht Achills, bei Thüringen vom sächsischen Prinzenraub des Kunz von Kaufungen plaudert. Bei Fabri aber steht neben höchst bemerkenswerten Beobachtungen ein wüstes Durcheinander von Exzerpten, zu deren Vereinigung kaum ein Versuch gemacht ist. Wir können nur bedauern, daß er seinen geographischen Versuch, wie er selbst sagt, „ex Isidoro et aliis et de experientiis propriis“ und nicht bloß aus diesen letzteren aufgebaut hat.

Denn was hat er nicht alles gesehen! Den Rheinfall bei Schaffhausen mit den waghalsig hindurchfahrenden Schiffern und den Blautopf bei Blaubeuren; die steten Uferveränderungen des Rheins bei Straßburg, die zu oftmaliger Erneuerung der dortigen Holzbrücke führen, und die allmähliche Abtragung der Alpen. Er beachtet ebenso die Treidelschiffahrt an Donau und Rhein, wie die neuen Straßenbauten Herzog Sigismunds in Tirol. Er weiß auch, daß die Alpen nur äußerlich schreckhaft sind und innen paradiesische Täler bergen und preist das völkerverbindende Meer, das den Menschen ermöglicht, nicht nur Waren auszutauschen, sondern auch sich gegenseitig

  1. [230] 13) Ep. 119 u. 120 der Ed. Basilea. Daraus ist die Stelle Goldast S. 21 größtenteils entnommen. Fabri nennt nur den Brief an Heimburg, nicht den an Wyle, der ihn aber besonders interessieren mußte, weil die Ausgaben Nicolaus de Ulm haben.
  2. [230] 14) Für die Bombarden s. auch Evagatorium II, 265. Zeitgenössische Äußerungen über die Buchdruckerkunst bei F. Falk, Die Druckkunst im Dienst der Kirche 1879.