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„Mein Lieb, vergiß die Todten! Sie trifft dein Jammer nicht:

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Hoch über Wunsch und Mitleid wandeln sie im Licht; –

Uns aber hält die Sehnsucht das Herz noch lebenswarm,
Drum fass’ ich, Heißersehnte, dich jubelnd in den Arm!“

Er zwang ihr kräftig Sträuben, er warf sie auf sein Roß,
Durchritt mit stolzem Lächeln den goldbelad’nen Troß:

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„Laßt von der schlechten Beute! Verstreut sie in den Strom!

Schärft eure stumpfen Schwerter, und folget mir nach Rom!“ –

Nacht war’s, auf’s Lager senkte der Held sein schönes Weib,
Unter warme Decken schmiegte sich ihr Leib. –
Und draußen lag die Haide im dunst’gen Mondenlicht,

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Schneeflocken deckten leise der Todten Angesicht.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_225.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)