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Indessen liefen Mägde geschäftig durch den Saal,
Man lud die fremden Gäste zum reichbesetzten Mahl;
Derweil die Königstochter in sicherem Gemach

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Zu zweien Longobarden geheime Worte sprach.


Dann kam sie ohne Säumen mit frohem Angesicht,
Es staunten all’ die Helden ob ihrer Augen Licht.
Sie setzte sich zu Tische, dem hohen Gast zur Seit’,
Dem ward in seinem Herzen der Wortkampf innig leid.

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Und wie die schöne Wirthin so holden Gruß ihm bot,

Da wurden seine Wangen vor Scham und Freuden roth,
Er rief treuherzig lachend: „Nun schenket mir den Wein!
Es soll jedwedes Grollen von uns vergessen sein!“

Die Jungfrau sprang vom Tische: „Zwei Schenken steh’n bereit,

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Die lüstet sehr zu sühnen mein schmählich Herzeleid!“

Da hob sie einen Teppich am Schenkentisch empor:
Mit blanken Schwertern stürzte ein wildes Paar hervor.

O schlimme Schenkendienste! O blut’ger Sühnetrank!
Als unter ihren Streichen der Held vom Throne sank,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_170.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)