Seite:De Gedichte (Hertz W) 109.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Trinkspruch.

Das Mahl ist aus, die Lieder sind verklungen,
     Mir glimmt noch einsam ein versinkend Licht;
Sie haben all’ von ihrem Lieb gesungen,
     Mein Trinkspruch taugt für frohe Menschen nicht.

5
Dein denk’ ich wohl, mein Lieb in dunkler Ferne,

     Es glüht der Wein im Becher flammenroth,
Und nur belauscht vom letzten Blick der Sterne,
     Unsel’ges Kind, trink’ ich auf deinen Tod!

Noch schlummerst du, und deine Träume lachen

10
     Verheißnem Glück in sel’ger Täuschung zu;

Dein Schlaf ist licht, doch finster dein Erwachen!
     Weh’ dir, Geliebte, warum liebtest du?
Du stehst allein, von aller Welt verlassen,
     Und nur auf mich blickst du in deiner Noth.

15
O blicke weg! Dein Einz’ger muß dich lassen,

     Unsel’ges Kind, und wünschest dir den Tod!

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_109.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)