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Tödte sie doch, du grausame Schmach, und führe des Lebens

Matten, zuckenden Rest über die Grenzen der Qual!
Sieh, schon raffen sie Muscheln und scharfe Kiesel des Meers auf,
Schälen die schimmernde Haut gierig vom zarten Gebein.
Langsam schwindet dahin der Glieder blühende Wölbung,

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Wunden in schaurigem Kranz krönen das liebliche Haupt.

Schon zerschmelzen in Blut des Busens blendende Hügel,
Zögernd senkt sich der Tod auf den gemarterten Leib.
Ha, und solches that kein Schwarm bluttrunkener Heiden:
Nein, das heilige Werk weihte der heil’ge Kyrill! –

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Grollend empfängt der Nil der Jungfrau blut’ge Gebeine,

Trägt sie im wiegenden Arm sorgsam in’s heilige Meer.
Friede mit dir, du gebrochenes Herz! Fern sinket die Sonne,
Goldene Glorie flammt über dein wogendes Grab. –
Zeiten schwanden dahin; aus deinem Blute entsprossen

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_035.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)