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haben, falls die Kraftlinien quer zur Sehrichtung verlaufen, Auslöschungsrichtungen wie doppelbrechende Kristallplatten, verlaufen aber die Kraftlinien in der Sehrichtung, so bleiben sie in jeder Stellung dunkel wie Kristallplatten, die senkrecht zur optischen Achse geschliffen sind, also nicht doppelt brechen.[1]

     Höchst merkwürdige Form- und Strukturveränderungen können durch Aufnahme gewöhnlicher isotroper Flüssigkeiten in schleimig-flüssige Kristalle (Quellung) hervorgehen. Beispielsweise bilden sich bei Zusatz von ammoniakhaltigem Wasser zu schleimig-kristallischen-flüssigem Ammniumoleathydrat sogenannte Myelinformen, gewöhnlich zylindrische Gebilde mit halbkugeligen Enden, bei welchen die optische Achse überall radial

Fig. 139., Fig. 140., Fig. 141, Fig. 142.

gerichtet ist, (Fig, 161a), die Stellung der Molekülblättchen somit parallel zur Oberfläche, wie bei überwiegender Oberflächenspannung, welche aber nicht zureicht, das Gebilde zur Kugel zusammenzudrücken. Sie können sich auch plattenartig verbreitern, wobei die optische Achse senkrecht zur Fläche wird und an der Ansatzstelle des Stiels eine konische Störung auftritt[2] (Fig. 139a, b). Letztere ist, die Ursache, daß der Stiel nicht von selbst in die Scheibe eingezogen wird wie ein Fortsatz, den man künstlich durch Deformation der Scheibe erzeugt, wobei die Moleküle parallel bleiben. Der Stiel kann auch vollständig fehlen, die Scheibenform (Fig. 140a, b) ist also in gleicher Weise wie die Zylinderform eine normale stabile Struktur der wasserreichen flüssigen Kristalle des Ammoniumoleats.


  1. O. Lehmann, Ann. d. Phys. 2 (1900), 675; Phys. Zeitschr. 13 (1912), 550.
  2. O. Lehmann, Ann. d. Phys. 57 (1918), 250.