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erklären können. Ich habe vorhin der Erd-Theilchen erwähnt, welche, wenn auch nur selten und zufällig einmal, an Schnäbeln und Füssen der Vögel hängen bleiben. Sumpfvögel, welche die schlammigen Ränder der Sümpfe aufsuchen, werden meistens schmutzige Füsse haben, wenn sie plötzlich aufgescheucht werden. Nun lässt sich nachweisen, dass gerade Vögel dieser Ordnung die grössten Wanderer sind und zuweilen auf den entferntesten und ödesten Inseln des offenen Weltmeeres angetroffen werden. Sie können sich nicht auf der Oberfläche des Meeres niederlassen, wo der noch an ihren Füssen hängende Schlamm abgewaschen werden könnte; und wenn sie ans Land kommen, werden sie gewiss alsbald ihre gewöhnlichen Aufenthalts-Orte an den Süsswassern aufsuchen. Ich glaube kaum dass die Botaniker wissen, wie beladen der Schlamm der Sümpfe mit Pflanzen-Saamen ist; ich habe jedoch einige kleine Beobachtungen darüber gemacht, deren zutreffendsten Ergebnisse ich hier mittheilen will. Ich nahm im Februar drei Esslöffel voll Schlamm von drei verschiedenen Stellen unter Wasser, am Rande eines kleinen Sumpfes. Dieser Schlamm getrocknet wog 63/4 Unzen. Ich bewahrte ihn sodann in meinem Arbeitszimmer bedeckt 6 Monate lang auf und zählte und riss jedes aufkeimende Pflänzchen aus. Diese Pflänzchen waren von mancherlei Art und 537 im Ganzen; und doch war all’ dieser zähe Schlamm in einer einzigen Untertasse enthalten. Diesen Thatsachen gegenüber würde es nun geradezu unerklärbar seyn, wenn es nicht mitunter vorkämme, dass Wasser-Vögel die Saamen von Süsswasser-Pflanzen in weite Fernen verschleppten und so zur immer weitern Ausbreitung derselben beitrügen. Und derselbe Zufall mag hinsichtlich der Eier einiger kleiner Süsswasser-Thiere in Betracht kommen.

     Auch noch andre und mitunter unbekannte Kräfte mögen dabei ihren Theil haben. Ich habe oben gesagt, dass Süsswasser-Fische manche Arten Sämereien fressen, obwohl sie andre Arten, nachdem sie solche verschlungen haben, wieder auswerfen; selbst kleine Fische verschlingen Saamen von mässiger Grösse, wie die der gelben Wasserlilie und des Potamogeton.

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_391.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)