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geschützt sind, ein viel wärmeres als ihr eigentliches Klima ertragen können. Daher scheint es mir möglich dass, da die Tropen-Erzeugnisse in leidendem Zustande waren und den Eindringlingen keinen ernsten Widerstand zu leisten vermochten, eine gewisse Anzahl der kräftigsten und herrschendsten Formen der gemässigten Zone in die Reihen der Eingebornen eingedrungen sind und den Äquator erreicht und selbst noch überschritten haben. Der Einfall wurde in der Regel durch Hochländer und vielleicht ein trocknes Klima noch begünstigt; denn Dr. Falconer sagt mir, dass es die mit der Hitze der Tropenländer verbundene Feuchtigkeit ist, welche den perennirenden Gewächsen aus gemässigteren Gegenden so verderblich wird. Dagegen werden die feuchtesten und wärmsten Bezirke den Eingebornen der Tropen als Zufluchtsstätte gedient haben. Die Gebirgs-Ketten im Nordwesten des Himalaya und die lange Cordilleren-Reihe scheinen zwei grosse Invasions-Linien gebildet zu haben; und es ist eine schlagende Thatsache, dass nach Dr. Hooker’s letzter Mittheilung die 46 Blüthen-Pflanzen, welche Feuerland mit Europa gemein hat, alle auch in Nord-Amerika vorkommen, das auf ihrer Marsch-Route gelegen haben muss. Doch zweifle ich nicht daran, dass auch einige Bewohner der gemässigten Zonen sogar in die Tiefländer der Tropen eingedrungen sind und diese überschritten haben, als zur Zeit der grössten Kälte arktische Formen von ihrer Heimath aus 25 Breiten-Grade südwärts vordrangen und das Land am Fusse der Pyrenäen bedeckten. In dieser Zeit der grössten Kälte dürfte dann das Klima unter dem Äquator im Niveau des Meeres-Spiegels ungefähr das nämliche gewesen seyn, wie es jetzt dort in 6000' — 7000' Seehöhe herrscht. In dieser Zeit der grössten Kälte waren meiner Meinung nach weite Räume in den tropischen Tiefländern mit einer Vegetation bedeckt aus Formen tropischer und gemässigter Gegenden zusammengesetzt und derjenigen vergleichbar, welche sich nach Hooker’s lebendiger Beschreibung in wunderbarer Üppigkeit am Fusse des Himalaya entfaltet.

     So sind, glaube ich, während der Eis-Periode beträchtlich viele Pflanzen, einige Landthiere und verschiedene Meeres-Bewohner

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_383.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)