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mit Hrn. Godwin-Austen in der Meinung vollkommen überein, dass der jetzige Zustand des Malayischen Archipels mit seinen zahlreichen durch breite und seichte Meeres-Arme getrennten Inseln wahrscheinlich der früheren Beschaffenheit Europas, während noch die meisten unsrer Formationen in Ablagerung begriffen waren, entspricht. Der Malayische Archipel ist eine der an Organismen reichsten Gegenden der ganzen Erd-Oberfläche; aber wenn man auch alle Arten sammelte, welche jemals da gelebt haben, wie unvollständig würden sie die Naturgeschichte der ganzen Erd-Oberfläche vertreten!

     Indessen haben wir alle Ursache zu glauben, dass die Überreste der Landbewohner dieses Archipels nur äusserst unvollständig in die Formationen übergehen dürften, die unsrer Annahme gemäss sich dort noch ablagern werden. Ich vermuthe selbst, dass nicht viele der eigentlichen Küsten-Bewohner und der auf kahlen untermeerischen Felsen wohnenden Thiere in die neuen Schichten eingeschlossen werden würden; und die etwa in Kies und Sand eingeschlossenen dürften keiner späten Nachwelt überliefert werden. Da wo sich aber keine Niederschläge auf dem Meeres-Boden bildeten oder sich nicht in genügender Masse anhäuften, um organische Einflüsse gegen Zerstörung zu schützen, da würden auch gar keine organischen Überreste erhalten werden können.

     Ich glaube, dass Fossilien-führende Formationen, hinreichend mächtig um bis zu einer eben so weit in der Zukunft entfernten Zeit zu reichen, als die Sekundär-Formationen bereits hinter uns liegen, nur während Perioden der Senkung in dem Archipel entstehen könnten. Diese Perioden würden dann durch unermessliche Zwischenzeiten der Hebung oder Ruhe von einander getrennt werden; denn während der Hebung würden alle Fossilien-führenden Formationen in dem Maasse, als sie entstünden, durch die ununterbrochene Thätigkeit der Brandung wieder zerstört werden, wie wir es jetzt an den Küsten Süd-Amerikas gesehen haben. Während der Senkungs-Zeiten würden viele Lebenformen zu Grunde gehen, während der Hebungs-Perioden dagegen sich die Formen am meisten durch Abänderung entfalten, aber die geologischen

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_307.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)