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ist, während man fast noch keine tertiäre Art kennt und aus der Kreide-Zeit noch keine Spur davon vorliegt. Die Mollusken-Sippe Chiton bietet ein theilweise analoges Beispiel dar[1].

     Hinsichtlich der Land-Bewohner, welche in der paläolithischen und sekundären Zeit gelebt, ist es überflüssig darzuthun, dass unsre Kenntnisse höchst fragmentarisch sind. So ist z. B. nicht eine Landschnecke aus einer dieser langen Perioden bekannt, mit Ausnahme der von Sir Ch. Lyell und Dr. Dawson in den Kohlen-Schichten Nord-Amerika’s entdeckten Art, wovon jetzt mehre Exemplare gesammelt sind. Was die Säugthier-Reste betrifft, so ergibt ein Blick auf die Tabelle im Supplement zu Lyell’s Handbuch weit besser, wie zufällig und selten ihre Erhaltung seye, als Seiten-lange Einzelnheiten, und doch kann ihre Seltenheit keine Verwunderung erregen, wenn wir uns erinnern, was für ein grosser Theil der tertiären Reste derselben aus Knochen-Höhlen und Süsswasser-Ablagerungen herrühren, während nicht eine Knochen-Höhle und ächte Süsswasser-Schicht vom Alter unsrer paläolithischen und sekundären Formationen bekannt ist.

     Aber die Unvollständigkeit der geologischen Nachrichten rührt hauptsächlich von einer andren und weit wichtigeren Ursache her, als irgend eine der vorhin angegebenen ist, dass nämlich die verschiedenen Formationen durch lange Zeiträume von einander getrennt sind. Wenn wir die Formationen in wissenschaftlichen Werken in Tabellen geordnet finden, oder wenn wir sie in der Natur verfolgen, so können wir uns nicht wohl der Überzeugung verschliessen, dass sie nicht unmittelbar auf einander gefolgt sind. So wissen wir z. B. aus Sir R. Murchisons grossem Werke über Russland, dass daselbst weite Lücken zwischen den aufeinanderliegenden Formationen bestehen; und so ist es auch in Nord-Amerika und vielen andern Weltgegenden. Und doch würde der beste Geologe, wenn er sich nur mit einem dieser weiten Länder-Gebiete allein beschäftigt hätte, nimmer vermuthet haben, dass während dieser langen Perioden,


  1. Doch kennt man über zwei Dutzend fossile Arten von der Kohlen-Formation an bis in die obersten Tertiär-Schichten.     D. Übs.
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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_296.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)