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u. s. w. wahrscheinlich einigen kleinen Einfluss auf die Organisation haben; dass ältere Charaktere nach dem Gesetze der Rückkehr wieder zum Vorschein kommen; dass Wechselbeziehungen in der Entwickelung einen oft bedeutenden Einfluss auf die Abänderung verschiedener Gebilde äussern, und endlich dass sexuelle Zuchtwahl oft wesentlich auf solche äussere Charaktere einer Thier-Art eingewirkt hat, welche dem mit andren kämpfenden Männchen eine bessre Waffe oder einen besondren Reitz in den Augen des Weibchens verliehen. Überdiess mag eine aus den genannten Ursachen hervorgegangene Abänderung der Struktur anfangs oft ohne Werth für die Art gewesen seyn, späterhin aber bei deren unter neue Lebens-Bedingungen versetzten und mit neuen Gewohnheiten versehenen Nachkommen an Bedeutung gewonnen haben.

     Ich will einige Beispiele zu Erläuterung dieser letzten Bemerkung anführen. Wenn es nur grüne Spechte gäbe und wir wüssten von schwarzen und bunten nichts, so würde ich mir zu sagen erlauben, dass die grüne Farbe eine schöne Anpassung und dazu bestimmt seye, diese an den Bäumen herumkletternden Vögel vor den Augen ihrer Feinde zu verbergen, dass es mithin ein für die Spezies wichtiger und durch Natürliche Züchtung erlangter Charakter seye; so aber, wie sich die Sache verhält, rührt die Färbung zweifelsohne von einer ganz andern Ursache und wahrscheinlich von geschlechtlicher Zuchtwahl her. Eine kletternde Bambus-Art im Malayischen Archipel steigt bis zu den höchsten Baum-Gipfeln empor mit Hilfe ausgezeichneter Ranken, welche Büchel-weise an den Enden der Zweige befestigt sind, und diese Einrichtung ist zweifelsohne für die Pflanze von grösstem Nutzen. Da wir jedoch fast ähnliche Ranken an vielen Pflanzen sehen, welche nicht klettern, so mögen dieselben auch beim Bambus von unbekannten Wachsthums-Gesetzen herrühren und von der Pflanze erst später, als sie noch sonstige Abänderung erfuhr und ein Kletterer wurde, zu ihrem Vortheile benützt und weiter entwickelt worden seyn. Die nackte Haut am Kopfe des Geyers wird gewöhnlich als eine unmittelbare Anbequemung des oft in faulen Kadavern damit wühlenden Thieres betrachtet: inzwischen

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_207.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)