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andern sich nur sehr selten auf’s Wasser niederlassen, oder langzehige Rohrhühner (Crex) zu finden, welche auf Wiesen statt in Sümpfen wohnen; oder dass es Spechte gibt, wo keine Baume sind, dass Drosseln unters Wasser tauchen und Sturmvögel wie Alke leben.

     Organe von äusserster Vollkommenheit und Zusammengesetztheit.) Die Annahme, dass sogar das Auge mit allen seinen der Nachahmung unerreichbaren Vorrichtungen, um den Focus den manchfaltigsten Entfernungen anzupassen, verschiedene Licht-Mengen zuzulassen und die sphärische und chromatische Abweichung zu verbessern, nur durch Natürliche Züchtung zu dem geworden seye, was es ist, scheint, ich will es offen gestehen, im höchsten möglichen Grade absurd zu seyn. Und doch sagt mir die Vernunft, dass, wenn zahlreiche Abstufungen von einem vollkommenen und zusammengesetzten bis zu einem ganz einfachen und unvollkommenen Auge, alle nützlich für ihren Besitzer, vorhanden sind, — wenn das Auge etwas zu variiren geneigt ist und seine Abänderungen erblich sind, was sicher der Fall ist, — wenn eine mehr und weniger beträchtliche Abänderung eines Organes immer nützlich ist für ein Thier, dessen äusseren Lebens-Bedingungen sich ändern: dann scheint der Annahme, dass ein vollkommenes und zusammengesetztes Auge durch Natürliche Züchtung gebildet werden könne, doch keine wesentliche Schwierigkeit mehr entgegenzustehen, wie schwierig auch die Vorstellung davon für unsre Einbildungskraft seyn mag. Die Frage, wie ein Nerv für Licht empfindlich werde, beunruhigt uns schwerlich mehr, als die, wie das Leben selbst ursprünglich entstehe. Jedoch will ich bemerken, dass verschiedene Thatsachen mich zur Vermuthung bringen, dass jeder sensitive Nerv für Licht und ebenso für jene gröberen Schwingungen der Luft empfindlich gemacht werden könne, welche den Ton hervorbringen.

     Was die Abstufungen betrifft, mittelst welcher ein Organ in irgend einer Spezies vervollkommnet worden ist, so sollten wir dieselbe allerdings nur in gerader Linie bei ihren Vorgängern aufsuchen. Diess ist aber schwerlich jemals möglich, und wir sind jedenfalls genöthigt uns unter den Arten derselben

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_196.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)