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Veränderlichkeit der spezifischen Charaktere, wodurch sich Art von Art unterscheidet, gegenüber den generischen Merkmalen, welche die Arten einer Sippe gemein haben, — dass die oft äusserste Veränderlichkeit des in irgend einer einzelnen Art ganz ungewöhnlich entwickelten Theiles gegenüber der geringen Veränderlichkeit eines wenn auch ausserordentlich entwickelten, aber einer ganzen Gruppe von Arten gemeinsamen Theiles, — dass die grosse Unbeständigkeit sekundärer Sexual-Charaktere und das grosse Maass von Verschiedenheit in denselben Merkmalen zwischen einander nahe verwandten Arten, — dass die Entwickelung sekundärer Sexual- und gewöhnlicher Art-Charaktere gewöhnlich in einerlei Theilen der Organisation — Alles eng unter-einander verkettete Prinzipien sind. Alle entspringen hauptsächlich daher, dass die zu einer Gruppe gehörigen Arten von einem gemeinsamen Stamm-Vater herrühren, von welchem sie Vieles gemeinsam ererbt haben; — dass Theile, welche erst neuerlich noch starke Umänderungen erlitten, leichter zu variiren geneigt sind als solche, welche sich schon seit langer Zeit ohne alle Veränderung fortgeerbt haben; — dass die sexuelle Züchtung weniger streng als die gewöhnliche ist; — endlich, dass Abänderungen in einerlei Organen durch natürliche und durch sexuelle Züchtung gehäuft und für sekundäre Sexual- und gewöhnliche spezifische Zwecke angepasst worden sind.

     Verschiedene Arten zeigen analoge Abänderungen; und die Varietät einer Spezies nimmt oft einige von den Charakteren einer verwandten Spezies an, oder sie kehrt zu einigen von den Merkmalen der Stamm-Art zurück.) Diese Behauptungen versteht man am leichtesten durch Betrachtung der Hausthier-Rassen. Die verschiedensten Tauben-Rassen bieten in weit auseinandergelegenen Gegenden Unter-Varietäten mit umgewendeten Federn am Kopfe und mit Federn an den Füssen dar, Merkmale, welche die ursprüngliche Felstaube nicht besitzt; Diess sind also analoge Abänderungen in zwei oder mehren verschiedenen Rassen. Die häufige Anwesenheit von vierzehn bis sechszehn Schwanzfedern im Kröpfer kann man als eine die Normal-Bildung einer andern

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_169.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)