Seite:De Entstehung der Arten 1860 (Darwin) 123.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


streben diejenigen Vorzüge weiter zu erwerben, welche ihren gemeinsamen Ältern A das numerische Übergewicht über die meisten andern Bewohner derselben Gegend verschafft haben; sie werden gleicherweise theilnehmen an denjenigen Vortheilen, welche die Sippe, wozu ihre Stammältern gehört, zur grossen Sippe in ihrer Heimath erhoben. Und wir wissen, dass alle diese Umstände zur Hervorbringung neuer Varietäten günstig sind.

     Wenn nun diese zwei Varietäten ebenfalls veränderlich sind, so werden die divergentesten ihrer Abänderungen gewöhnlich in den nächsten 1000 Generationen fortbestehen. Nach dieser Zeit, ist in unsrem Bilde angenommen, habe Varietät a1 die Varietät a2 hervorgebracht, die nach dem Differenzirungs-Prinzipe weiter als a1 von A verschieden ist. Varietät m1 hat zwei andre Varietäten m2 und s2 ergeben, welche unter sich und noch mehr von ihrer gemeinsamen Stamm-Form A abweichen. So können wir den Vorgang lange Zeit von Stufe zu Stufe verfolgen und einige der Varietäten von je 1000 zu 1000 Generationen bald nur eine Abänderung von mehr und weniger abweichender Beschaffenheit, bald auch 2—3 derselben hervorbringen sehen, während andre keine neuen Formen darbieten. Doch werden gewöhnlich diese Varietäten oder abgeänderten Nachkommen eines gemeinsamen Stamm-Vaters A im Ganzen immer zahlreicher werden und immer weiter auseinander laufen. In dem Bilde ist der Vorgang bis zur zehntausendsten Generation, — und in einer mehr verdichteten und vereinfachten Weise bis zur vierzehntausendsten Generation dargestellt.

     Doch muss ich hier bemerken, dass ich nicht der Meinung bin, dass der Prozess jemals so regelmässig vor sich gehe, als er im Bilde dargestellt ist, obwohl er auch da schon etwas unregelmässig erscheint. Ebenso bin ich entfernt nicht der Meinung, dass die am weitesten differirenden Varietäten unabänderlich vorherrschen und sich vervielfältigen werden. Oft mag auch eine Mittelform von langer Dauer seyn und entweder keine oder mehr als eine in ungleichem Grade abgeänderte Varietät hervorbringen; die Natürliche Züchtung wird immer thätig seyn, je nach der Beschaffenheit der noch gar nicht oder nur unvollständig von

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_123.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)