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mehr Arten grosser Sippen als kleiner variiren, und dass dieselben eine grössere Anzahl von Varietäten darbieten. Wir haben ferner gesehen, dass die gemeinsten und am weitesten verbreiteten Arten mehr als die seltenen mit kleinen Wohn-Bezirken abändern. Es seye nun A eine gemeine weit verbreitete und abändernde Art einer grossen Sippe in ihrer Heimath-Gegend; der kleine Fächer divergirender Punkt-Linien von ungleicher Länge, welche von A ausgehen, möge ihre variirende Nachkommenschaft darstellen. Es ist ferner angenommen, deren Abänderungen seyen ausserordentlich gering, aber von der manchfaltigsten Beschaffenheit, nicht von gleichzeitiger, sondern oft durch lange Zwischenzeiten getrennter Erscheinung, und endlich von ungleich langer Dauer. Nur jene Abänderungen, welche in irgend einer Beziehung nützlich sind, werden erhalten und zur Natürlichen Züchtung verwendet. Und hier ist es wichtig, dass das Prinzip der Nützlichkeit von der Divergenz des Charakters abgeleitet ist; denn Diess wird meistens zu den am weitesten auseinandergehenden Abänderungen führen (welche durch unsre punktirten Linien dargestellt sind), wie sie durch Natürliche Züchtung erhalten und gehäuft worden. Wenn nun in unsrem Bilde eine der punktirten Linien eine der wagrechten Linien erreicht und dort mit einem kleinen numerirten Buchstaben bezeichnet erscheint, so ist angenommen, dass darin eine Summe von Abänderung gehäuft seye, genügend zur Bildung einer ganz wohl-bezeichneten Varietät, wie wir sie der Aufnahme in ein systematisches Werk werth achten.

     Die Zwischenräume zwischen zwei wagrechten Linien des Bildes mögen je 1000 (besser wären 10,000) Generationen entsprechen. Nach 1000 Generationen hätte die Art A zwei ganz wohl ausgeprägte Varietäten a1 und m1 hervorgebracht. Diese zwei Varietäten seyen fortwährend denselben Bedingungen ausgesetzt, welche ihre Stammältern zur Abänderung veranlassten, und das Streben nach Abänderung in ihnen erblich. Sie werden daher nach weitrer Abänderung und gewöhnlich in derselben Art und Richtung streben wie ihre Stammältern. Überdiess werden diese zwei Varietäten, als nur erst wenig modificirte Formen,

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_122.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)