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einer Art für ihre Erhaltung erklärt, wie mir scheint, einige eigenthümliche Fälle in der Natur, wie z. B. dass sehr seltene Pflanzen zuweilen sehr zahlreich auf einem kleinen Fleck beisammen vorkommen; und dass manche gesellige Pflanzen gesellig oder in grosser Zahl beisammen selbst auf der äussersten Grenze ihres Verbreitungs-Bezirkes gefunden werden. In solchen Verhältnissen kann man glauben, eine Pflanzen-Art vermöge nur da zu bestehen, wo die Lebens-Bedingungen so günstig sind, dass ihrer viele beisammen leben und so einander vor äusserster Zerstörung bewahren können. Ich möchte hinzufügen, dass die guten Folgen einer häufigen Kreutzung und die schlimmen einer reinen Inzucht wahrscheinlich in einigen dieser Fälle mit in Betracht kommen; doch will ich mich über diesen verwickelten Gegenstand hier nicht weiter verbreiten.

     Man berichtet viele Beispiele, aus denen sich ergibt, wie zusammengesetzt und wie unerwartet die gegenseitigen Beschränkungen und Beziehungen zwischen organischen Wesen sind, die in einerlei Gegend mit einander zu ringen haben. Ich will nur ein solches Beispiel anführen, das, wenn auch einfach, mich angesprochen hat. In Staffordshire auf einem Gute, über dessen Verhältnisse nachzuforschen ich in günstiger Lage war, befand sich eine grosse äusserst unfruchtbare Haide, die nie von eines Menschen Hand berührt worden. Doch waren einige Hundert Acker derselben von genau gleicher Beschaffenheit mit dem Übrigen fünfundzwanzig Jahre zuvor eingezäunt und mit der Schottischen Kiefer bepflanzt worden. Die Veränderung in der ursprünglichen Vegetation des bepflanzten Theiles war äusserst merkwürdig, mehr als man gewöhnlich wahrnimmt, wenn man auf einen ganz verschiedenen Boden übergeht. Nicht allein erschienen die Zahlen-Verhältnisse zwischen den Haide-Pflanzen gänzlich verändert, sondern es blüheten auch in der Pflanzung noch zwölf solche Arten, Ried- u. a. Gräser ungerechnet, von welchen auf der Haide nichts zu finden war. Die Wirkung auf die Kerbthiere muss noch viel grösser gewesen seyn, da in der Pflanzung sechs Spezies Insekten-fressender Vögel sehr gemein waren, von welchen in der Haide nichts zu sehen gewesen,

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_076.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)