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es lässt sich aber in einigen Fällen nachweisen, dass ganz entgegengesetzte Bedingungen ähnliche Veränderungen des Baues bewirken können. Demungeachtet glaube ich, dass ein kleiner Betrag der stattfindenden Umänderung der unmittelbaren Einwirkung der Lebens-Bedingungen zugeschrieben werden kann, wie in einigen Fällen die veränderte Grösse von der Nahrungs-Menge, die Färbung von besonderen Arten der Nahrung und vom Lichte, und vielleicht die Dichte des Pelzes vom Klima ableitbar ist.

     Auch Gewöhnung hat einen entschiedenen Einfluss, wie die Versetzung von Pflanzen aus einem Klima ins andere deren Blüthe - Zeit ändert. Bei Thieren ist er bemerkbarer; ich habe bei der Haus-Ente gefunden, dass die Flügel-Knochen leichter und die Bein-Knochen schwerer im Verhältniss zum ganzen Skelette sind als bei der wilden Ente; und ich glaube, dass man diese Veränderung getrost dem Umstände zuschreiben kann, dass die zahme Ente weniger fliegt und mehr geht, als bei dieser Enten-Art in ihrem wilden Zustande der Fall ist. Die erbliche stärkere Entwicklung der Euter bei Kühen und Geisen in solchen Gegenden, wo sie regelmässig gemelkt werden, im Verhältnisse zu andern, wo es nicht der Fall, ist ein anderer Beleg dafür. Es gibt keine Art von Haus - Säugethieren, welche nicht in dieser oder jener Gegend hängende Ohren hätte, und so ist die Meinung, die irgend ein Schriftsteller geäussert, dass dieses Hängendwerden der Ohren vorn Nichtgebrauch der Ohr-Muskeln herrühre, weil das Thier sich nicht mehr durch drohende Gefahren beunruhigt fühle, ganz wahrscheinlich.

     Es gibt nun viele Gesetze, welche die Veränderungen regeln, von welchen einige wenige sich dunkel erkennen lassen, und die nachher noch kürzlich erwähnt werden sollen. Hier will ich nur anführen, was man Wechselbeziehung der Entwicklung nennen kann. Eine Veränderung in Embryo oder Larve wird sicherlich meistens auch Veränderungen im reifen Thiere nach sich ziehen. Bei Monstrositäten sind die Wechselbeziehungen zwischen ganz verschiedenen Theilen des Körpers sehr sonderbar, und Isidore Geoffroy St.-Hilaire führt davon viele Belege in seinem grossen Werke an. Viehzüchter glauben, dass verlängerte Beine gewöhnlich

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_017.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)