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eines tirolischen Dichters wußte sich durch die Censur bis in den Tiroler Boten zu schleichen.

Ein Jahr, nachdem die Zillerthaler Tirol verlassen hatten, wurden die Jesuiten hereingerufen. Diese waren bald nach der Stiftung ihrer Gesellschaft in Tirol aufgenommen worden und hatten sich dort bis zu ihrer Aufhebung erhalten. Ihre damalige Aufführung war nicht schlechter und nicht besser als anderswo. Man hat nachgewiesen, daß sie durch ihre knechtende Erziehungsweise und ihre Probabilitätsmoral viel Schaden und Unsegen herbeigeführt, daß sie die Landesfreiheiten untergraben, Gleißnerei und äußerliche Kirchlichkeit gefördert, die Laster des Hofes gehätschelt, den Vorurtheilen des Adels geschmeichelt, Hexenprocesse und Aberglauben begünstigt und das Volk zur gedankenlosen Spießbürgerei herabgebracht haben. Nachdem die Gesellschaft aufgehoben war, dachten die Tiroler wohl nicht mehr daran, daß sie bei ihnen wieder lebendig werden sollte, und man kann der Wahrheit gemäß behaupten, daß sie sich auch nicht darnach sehnten. Vor mehr als einem Jahrzehnt erschienen indessen die Vorläufer der Gesellschaft Jesu, die Liguorianer oder Redemptoristen im Lande. Aber auch nach diesem Zuwachse fanden sich noch einzelne Männer, denen die zahlreiche Priesterschaft nicht ausgiebig, ihre Richtung nicht gottselig genug erschien, die nur in der Gesellschaft Jesu den letzten Schlußstein kirchlicher Zustände sahen. Der Freiherr von Giovanelli, der gewaltigste unter diesen Eiferern, benützte nun beim Landtage des Jahres 1838 eine Sitzung, wo es sich um Unterstützung der die Theresianische Ritterakademie verlassenden, mittellosen Jünglinge handelte, um eine Vorstellung zu beantragen, in welcher der Kaiser gebeten werden sollte, jene Schule, deren Leitung die Prämonstratenser von Wilten so eben aufgegeben hatten, so wie auch das Gymnasium zu Innsbruck der Gesellschaft Jesu zu überlassen. Der Antragsteller stützte sich dabei auf die Erfolge ihrer Lehranstalten in Galizien und im uechtländischen Freiburg, so wie auf die Verdienste, welche sie sich in frühern Zeiten um den tirolischen Katholicismus erworben – es dürfe sich daher keiner, der ein guter Katholik seyn wolle, der Aufnahme dieses

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 636. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_644.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)