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die Anstalt zur Vergütung der Brandschäden; das Recht der adeligen Mitglieder des zweiten Standes auf eine eigene Uniform; endlich das Recht Vorschläge, Bitten und Beschwerden an den Landesfürsten zu richten.“

Das Steuerpostulat beträgt nach jetziger Festsetzung in runder Summe 543,000 fl.; es fließt aber nicht mehr wie früher in eine ständische Casse, die ehemals der Domesticalfond hieß, sondern die Landschaft ist der eigenen Verrechnung überhoben, und erhält jetzt die nöthigen Geldmittel zur Bedeckung ihrer Erfordernisse aus der landesfürstlichen Casse.

Erwägt man nun, daß das Postulat, welches aus der Grundsteuer zu decken, der Bewilligung der Stände entzogen und daß ihnen bei Festsetzung und Erhebung der übrigen Abgaben gar kein Einfluß gegönnt ist, daß ihnen ferner auch keine Mitwirkung bei der Gesetzgebung zusteht, so muß der Nachdruck bei Aufzählung ständischer Befugnisse wohl auf das Petitionsrecht fallen, was freilich immerhin noch mehr ist, als das Recht des Adels, eine Uniform zu tragen, welches neuere Bücher über Oesterreich als die einzige wirkliche Prärogative der Stände gelten lassen wollen.

In dieser Art hat Kaiser Franz den Tirolern ihre Verfassung zurecht gestellt. Er liebte das Patriarchalische, schätzte vor allem die weise, alles umfassende Fürsicht und Sorge des Einen Hauptes, und in seinem Sinne waren es gewiß Verbesserungen, was er an den alten Landesfreiheiten angebracht. Die Tiroler bei ihrer tiefgewurzelten Anhänglichkeit an das Herkommen, an die Gepflogenheit, wollten indessen diese Neuerungen nicht mit jenem Namen belegen, sondern riefen nach der alten Verfassung wie sie gewesen war und nichts anders, wie sie versprochen war im Kriege von Anno Neun. Es hat in den ersten Jahren des Gnadengeschenkes nicht an Petitionen und Vorstellungen gefehlt, welche mit altherkömmlicher Aufrichtigkeit


jetzt aus einem Aufschlag von fünf Kreuzern für jeden ins Land eingehenden halben Metzen Getraides, wird aber außer den Fällen der Noth auf Tilgung der ältern Landesdefensionsschulden verwendet.

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 622. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_630.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)