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noch versüßen. Mit der Einschränkung auf die engen Gränzen von Tirol wird’s indessen nicht streng gehalten. Die italienischen Wirren haben vor längern Jahren einmal die Anwesenheit der Kaiserjäger am Po nothwendig gemacht und seit jener Zeit ist auch eine Abtheilung dort geblieben. Sie ergeht sich noch immer in den kunstreichen Städten Italiens, zu Ferrara, Rovigo, Vicenza u. s. w. Im übrigen ist der Kaiserjäger in seiner grauen, grünaufgeschlagenen Jacke und dem Federhute etwas streng gehalten und muß, wenn er’s verdient, wohl auch ausgiebige Prügelstrafen erstehen. Trotzdem hat der junge Krieger, so wenig er sich auf den Einstand gefreut, doch immerhin einen gewissen Stolz ein Kaiserjäger zu seyn, und seine Befriedigung wächst noch, wenn er die Dienstzeit zurückgelegt und damit, sofern er vorher ein ungeschlachter Mensch gewesen, auch etwas Haltung, Unterricht und Lebenserfahrung gesammelt hat. Es ist zu bezweifeln, ob Franz I den Tirolern ein angenehmes Geschenk gemacht, als er ihnen das Kaiserregiment verehrte. Wie aber auch damals die Stimmung der Entgegennehmer gewesen seyn mag, man betrachtet jetzt die Einrichtung als etwas, das sich von selbst versteht. Die Loosung das „Löseln“ wird bei den Landgerichten vorgenommen und es ist ein anziehender Anblick, bei solcher Gelegenheit die schöne, starke Jugend der Berge beisammen zu sehen. Fast allgemein ist die Uebung, daß die Loosenden ein paar Thaler, oft auch ein paar Goldstücke auf den Tisch werfen, die dann gesammelt und denjenigen übergeben werden, die das Loos bestimmt hat, aus ihrer Mitte scheiden zu müssen.

Uebrigens wird gleichwohl die allgemeine Verpflichtung zur Landesvertheidigung noch für bestehend erachtet, und die Stände sind verbunden, außer dem Jägerregimente noch 20,000 Mann bereit zu halten, welche in vier Abtheilungen – Zuzüge genannt – zu fünf-, zehn-, fünfzehn- und zwanzigtausend Mann aufgeboten werden, so wie Feindesgefahr es nöthig macht. Ist damit nichts auszurichten, so erhebt sich das Volk in Masse, und das heißt der Landsturm. Indessen sind die Zuzüge zur Zeit nicht organisirt.

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 611. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_619.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)