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Schützencompagnien des Landes sind allenthalben in ihre Thaltracht gekleidet, allerdings so, daß dabei noch manches schöne Gewandstück festgehalten wird, welches sonst außer Uebung gekommen ist. Im Zillerthale trägt zum Beispiele jetzt unterm Jahre kein Bursche mehr den rothen, silberbordirten Brustfleck, wie er zur Schützenuniform gehört, sondern die neuere Weste, und in Meran sieht man die grünen Hüte, die beim Ausrücken erscheinen, nur noch an den höchsten Festtagen. Die Fügener führen übrigens zur Zeit grüne spitzige Hüte, graue Lodenjoppen, wie sie im bayerischen Gebirge üblich, jenen silberumränderten Brustfleck, schwarzlederne, weißgestickte Gürtel, schwarzlederne kurze Hosen und weiße Strümpfe.

Aus den Schützenreihen wehten zwei Fahnen, eine weiß und rothe, und eine weiß und grüne. Auch führten sie Musik, völlige Militärmusik, mit Trompeten, Posaunen und vier Clarinetten, welche von Feiertagsschülern geblasen wurden, die in der Blüthe der Jugend strahlten. Neben dieser neuern Einrichtung, die man den Schullehrern verdankt, stand aber noch, als ein Denkmal vergangener Zeiten, die alte Schwegelmusik, zwei betagte Knaben von Anno Neune, die noch die alten Märsche wußten, zu denen zwei junge Knaben aus dem vorigen Jahrzehent die Trommel schlugen. Es ist zu fürchten, die Schwegler wachsen auch nicht mehr nach – sie werden nur so Ehren halber noch mitgelassen und schämen sich fast selber ihrer frohen Wissenschaft neben den sinnbethörenden Fanfaren, welche die andern Burschen zu Tage fördern. Es lohnt sich kaum noch, seine Nebenstunden auf die Querpfeife zu verwenden, und die quickenden, einförmigen Weisen zu erlernen, die ehemals der Schrecken der Feinde waren und jetzt das Gespötte der Kinder sind. Ja, mir ging ein Stich durchs Herz, als die zwei verjährten Gesellen, fromm und pflichtgetreu und voll des besten Willens, ihre Schwegeln an den Mund setzten und sämmtliche Schuljugend wie mit einem Schlag zu kichern begann. So war’s auch bald darauf zu Meran, als der Erzherzog Franz Karl gekommen war und die Partschinser und Algunder neben der Triumphsäule auf dem Sande Parade machten. Da prangten die Schützen in

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 544. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_552.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)