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möchte. So aber war’s mir zum Ekel; ich ärgerte mich und ging hinaus, schenkte ihm auch keinen Pfennig für seine Sympathien, obgleich er wenigstens einen Groschen erwartet hatte.

Nun kam mir aber ein anderes Mißgeschick entgegen. Im hintern Gaden nämlich saß an einem Tisch voll Duxer Buben, die mir etwas minder fein erschienen als die übrigen, derselbe Bauer, der uns vorgestern durch den geognostischen Hammer so sehr beunruhigt hatte, und gefiel sich einen brüllenden Stier nachzuahmen. Das schien so seine Kirchweihfreude zu seyn und er setzte es mit kurzen Unterbrechungen bis zum Abend fort. Es gelang ihm zwar die Natur täuschend wiederzugeben, aber es war doch nicht schön, obwohl er von seinen Freunden vielen Beifall erntete. Ich ließ mir jetzt den Namen dieses Viehmalers sagen, erfuhr, daß er Brunnhäuser heiße und ging wieder meiner Wege.

Im Tanzsaale war jedoch meines Bleibens auch nicht lange. Die Tische zeigten sich so dicht besetzt, daß für einen beobachtungslustigen Gast kein Plätzchen mehr übrig war. Einige freundliche Hirten „brachten mirs,“ das heißt sie reichten mir ihr Glas um ihnen Bescheid zu thun. So viel konnte ich noch bemerken, daß weniger Wein getrunken wurde, als mir lieb war. Wenn schon im reichern Hauptthale des Inns das natürlichere Getränk dem künstlicheren weichen mußte, weil die erzielte Gemüthsstimmung durch seine Hülfe mit wenigern Kosten zu erreichen ist, so darf man sich in diesem armen Thälchen noch weniger wundern, daß Männer und Weiber dem Branntwein ergeben sind. Zuweilen wagt sich jetzt auch ein Fäßchen Bier herein, aber es ist ebenfalls zu theuer und die Nachfrage gering. Der Wein wird übrigens aller übers Joch getragen, denn es führt kein Fahrweg in das Thal. Die Träger laden eine halbe Ihrn, siebenundzwanzig Maaß, auf und erhalten dafür 1 fl. 15 kr. Traglohn. Bei all dem kostet das Seidel nicht mehr als am Lande, nämlich sechs Kreuzer.

Da also auch auf dem Tanzboden nicht viel auszurichten war, begab ich mich in die Küche und hielt mich an das Maidele und des Müllers Töchterlein. Das war auch das Beste

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 527. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_535.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)