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wo jetzt der Häuserhaufen steht, der den Namen Altstadt führt. Man thut nicht Unrecht, auch das Matreier Schloß zu besehen, das auf einem von der Sill umströmten Serpentin- Felsen erbaut ist. Diese Burg besteht aus einer Reihe niederer Gebäude, die sich an einen starken, angeblich römischen Thurm lehnen. In einer Vorstube ist ein älteres Gemälde zu sehen, die Bauernlangweil genannt. Es soll das ausgelassene Leben schildern, wie es die tirolischen Bauern nach dem dreißigjährigen Kriege geführt, und stellt auch in der That Fraß, Völlerei und Unzucht in Menge dar. Im Prunksaale sind ein paar Bildnisse aus der Familie der frühern Schloßherren. In der Burg saßen ehemals die frühverschollenen Herren von Matrei. Von diesen ging sie auf das glänzende Geschlecht der Trautsone über, die vor Zeiten den Thurm in der Pfitsch bei Sterzing inne gehabt. Die Trautsone verwalteten das Erbmarschallamt von Tirol, das auf der Burg zu Sprechenstein bei Sterzing ruht. Im Jahre 1711 wurden sie Reichsfürsten, im Jahre 1775 sind sie ausgestorben. Ihre Erben sind die Fürsten von Auersperg, jetzt die Erblandmarschälle von Tirol.

Zu Steinach an der Brennerstraße, eine Stunde oberhalb Matrei, ist Martin Knoller geboren, welchen Tirol seinen größten Maler nennt. Eine Gedächtnißtafel ziert die Thüre des Hauses wo er das Licht der Welt erblickt. „Es war der achte Tag des Novembers, sagt Herr Heinrich von Glausen, der im sechsten Bande der Zeitschrift für Tirol und Vorarlberg dem Künstler einige Seiten gewidmet hat, es war der achte Tag des Novembers 1725, der dem Dorfe Steinach durch Martin Knollers Geburt eine eigene Berühmtheit verschaffte.“ Sein Vater war ein armer Dorfmaler, der den Sohn allerdings für seine Handthierung erzog, aber auch viel anderes Häusliches, Gemeines von ihm forderte. Martin, der seinen Genius gefesselt fühlte, ging daher eines Tages aus dem Walde, wo er Brennholz holen sollte, nicht mehr zurück, sondern lief nach Innsbruck, und warf sich dort dem Hofkammerrath v. Hormayr zu Füßen, mit der Bitte, ihn die Malerei lernen zu lassen. Sofort lernte er zwei Jahre

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 499. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_507.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)