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Gewohnheit, was sie ihnen werth macht, sondern die lebendige Ueberzeugung, daß sie in ihr ein großes Gut besitzen. Wir


  olù (voluto). Der ladinische Vocalismus, der bald an diese bald an jene der lateinischen Töchtersprachen erinnert, hat denn auch manche zu der Behauptung geführt, diese Idiome seyen aus Lateinisch, Italienisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch zusammengesetzt.

Um hören zu lassen, wie die Sprache in fortlaufender Rede klingt, wollen wir hier eine der sechs Anekdoten mittheilen, welche Steiner ins Grödnerische übersetzt hat. Die Buchstaben ö, sch und tsch (tg) sind wie im Deutschen, ch und v wie im Italienischen auszusprechen, s im Anlaute und vor Consonanten wird wie in Wälschtirol als sch gesprochen. Die Anekdote steht am angeführten Ort Seite 46 und lautet:

Una muta schöuna, che avova vuöja de se maridè, a tschiappà da si segniöura vint toleri per se fè la dota. La segniöura a ulù udei l’ növitsch. La muta l’a prsechentà. Chest fova ung buser, curt, gross, stramb, melfatt i burt assè. Prest che la segniöura l’a udù, s’a la fatt maruöja i disch: o per l’ amor de Die! chest tu es liet ora per ti növitsch i per ti uem? Co t’ es pa pödù inamurè d’ una tel persona? O mi segniöura, respuend la muta; tsche cosa pong avei de bel per vint toleri.

Das heißt nun in italienische Worte umgesetzt:

Una ragazza (muta) giovane, che aveva voglia di si maritare, ha ricevuto (chiappato) dalla sua signora venti talleri per si fare la dote. La Signora ba voluto vedere lo sposo (novizzo). La ragazza l’ha presentato. Questo era un villanzone (buser) corto, grosso strambo, malfatto e brutto assai. Presto che la signora l’ ha veduto si ha ella fatto meraviglia e dice: O per l’ amor di Dio! Questo tu hai scelto (eletto) per tuo sposo e per tuo nomo? Como ti hai poi potuto inamorare d’una tal persona. O mia signora, risponde la ragazza, che cosa posso avere di bello per venti talleri.

Grödnerische Volksgesänge gibt es nicht. Vor einigen Jahren hat indessen jemand versucht ein Lied in dieser Sprache zusammenzubringen und dieß ist denn auch wirklich gelungen. Der Schulmeister von St. Ulrich hatte die Güte, mich eine Abschrift davon nehmen zu lassen. Es heißt: El vödl Mut, der alte Junggeselle, und spricht den Aerger aus, den ein oftmals angerannter Hagestolz über das schöne Geschlecht zu empfinden pflegt.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_448.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)