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den guten Zech- und Schluckbrüdern, die von wegen des starken Trinkens durch ihre starke Weine und ungesunde Luft demnächst contract werden. Viele Leute jung und alt, Mann und Weib, die frisch und gesund sind, kommen dahin allein von gutem Luft, Kurzweil und Ergötzlichkeit wegen, da sie dann allerlei Schimpfspiel anheben und sich mit Singen, Ringen, Springen, Tanzen, Zechen und andern Belustigungen erquicken. Die Einwohner von Worms erweisen den Badleuten viel Zucht und Ehr als auch mir passirt ist, indem sie mir allerlei Gattung Wein, Zuckerwerk, ausbündige wälsche Frücht’, allerhand Wildpret und herrlich gute Fisch’ verehrt.“

Mit Ausnahme der letzterwähnten Xenien hat Guler hiemit auch das Ultner Badeleben sehr gut geschildert. Hieher kommen ebenso viele Leute, jung und alt, die frisch und gesund sind, allein von guter Luft, Kurzweil und Ergötzlichkeit wegen, nur daß mancher ältere Gast jetzt ungern die fahrenden Fräulein aus Wälschland vermißt, die noch vor wenigen Jahren ganz allein und eigens übers Gebirge stiegen, um mit den frumen Deutschen im Mitterbade der edlen Minne zu spielen. Von Singen, Springen, Tanzen, Zechen soll hier nicht weiter geredet werden, aber was sie da vordem für angenehm Schimpfspiel anhoben, läßt sich nach mancher Erzählung noch jetzt leicht erschließen; wie zum Beispiel ein noch nicht vergessener Scherz darauf beruht, daß aus den Badezellen der bessern Leute die Wannen einige Zoll in den Gang hinausreichen, um dort gefüllt zu werden und daß dieser Vorstoß mit einer Klappe versehen ist. Wer schaudert nun nicht bei dem ungeschmückten Bericht, daß die jungen Herren eines Tages Forellen in der Valzauer holten, um deren je drei den Damen die sie auszeichnen wollten, in die Wanne zu werfen, und wer kann sich nicht das plötzliche und holdselige Wirrsal denken, als die feinen Mädchen aus dem Etschlande die kleinen Haie an ihren frischen Gliedern hinschießen fühlten?

Wandern wir nun durch das mittlere Gebäude, das den Wohnort der bessern Leute mit dem der mindern verbindet, so finden wir zu ebener Erde die Gemeinbäder der letztern, wo in geräumigen Verschlägen die beiden Geschlechter getrennt

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_372.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)