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Rufe hätte folgen sollen, dem er nicht gewachsen war. Solche Ansichten sind verschiedener Fassungen fähig; wir wollen aber nicht zu den grellsten übergehen, keines von den vielen bittern Worten wiederholen, die wir hörten, wenn seines Namens gedacht wurde. Was wir andern in deutschen Schriften an Begeisterung eingesogen für das tirolische Anno Neun, das ist im Lande selbst schwer zu retten vor der kühlen Anschauung der Söhne jener Freiheitskämpfer.

Ueber den Verrath, der an dem treuen Helden verübt worden, waren die Stimmen noch manches Jahr nach seinem Tode sehr getheilt. Daß ihn ein Passeyrer, Namens Johann Raffel, auf seiner Alpenhütte ausgespürt und dann die Franzosen hinaufgeführt – dieß steht fest. Am verlässigsten erscheint jedenfalls die Erzählung seines letzten Schreibers, des Cajetan Sweth, später Staatsbuchhaltungs-Official zu Innsbruck, der mit dem Sandwirth auf der Pfandlerhütte im Drachenwald gefangen und dann mit ihm nach Mantua geführt wurde. Dieser Bericht erschien zum erstenmale veröffentlicht 1832 im österreichischen Archiv für Geschichte und wurde daraus im Tirolerboten desselben Jahres abgedruckt. Die Erzählung bei Lewald beruht auf derselben Quelle, zeigt aber einige unwesentliche Verschiedenheiten. Früher galt, zunächst nach Hormayrs Zeugniß, der Priester Donay als der Anstifter des Verrathes; Sweths Bericht aber läßt ihn aus dem Spiele, und im Lande selbst scheint sein Andenken von diesem Flecken gereinigt. Die Lebensbeschreibung, die dem Hofer-Album im Sandwirthshause vorgesetzt ist, behauptet auch, jener Raffel sey „im Zustande der Trunkenheit – wolle Gott – unfreiwilliger Verräther“ geworden. Wirklich soll er wie man hört im Wirthshause berauscht verrathen haben, daß er den Zufluchtsort des überall gesuchten Obercommandanten wisse. Der damalige Landrichter von Passeyer habe ihm dann zugeredet, diese Kunde bei sich zu behalten – doch sey die Sache ruchtbar und Raffel vermocht worden den Zug in die Alpenhütte hinauf zu führen. Später erhielt er einen kleinen Dienst bei der Mauth zu München – wie er geendet, ist mir nicht bekannt.

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_360.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)