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nördlichen Theil zwar bei Bayern ließ, Oberpusterthal aber mit Illyrien und Südtirol mit dem Königreich Italien vereinigte. Die Gränzen des vergangenen Königreichs Italien fielen übrigens nicht mit den Marken der italienischen Sprache in Tirol zusammen, sondern schlossen auch noch ein gutes Stück völlig deutschen Landes ein und waren so gezogen, daß sie den Eisack bei Atzwang zwei Stunden ober Bozen, die Etsch bei Nals etwa in der Mitte zwischen letzterer Stadt und Meran durchschnitten. In dieser Art war also die Gegend von Bozen und Kaltern mit all ihrem reichlichen Erzeugniß höchst genießbarer Getränke von dem bayerischen Markte ausgeschlossen und Meran hatte nahezu das Weinmonopol im Königreiche Bayern, dem damals das rebenreiche Würzburg wieder entzogen war. Daher jene hohen, jetzt kaum mehr zu erlebenden Preise und daher jenes sehnsüchtige Verlangen der Meraner Bauern nach der guten, alten Zeit – ein Verlangen, das sie in ihrer Blödigkeit nicht anders ausdrücken, als mit den Worten: wenn wir nur wieder bayerisch wären! – Ich sage das, obwohl ein Bayer, lediglich als Zeuge der Thatsache, ohne Freude oder Hoffnung, da wir alle bei dem jetzt so schön erwachten deutschen Einigkeitsgefühl nicht denken können, daß im deutschen Bund für deutsche Fürsten noch etwas zu erobern sey. Liebhaber der Unwissenheit und der politischen Erstarrung, seyen es nun Staatsmänner oder nicht, möchten aber hier ein Beispiel haben, daß die Fülle der Ignoranz und der Apathie nicht immer das sicherste Mittel sey, den Landmann in jener gewünschten unerschütterlichen Anhänglichkeit ans angestammte Fürstenhaus fest zu halten. Wäre die Bildung des Bauern so beschaffen, daß sie ihn an dem, was im deutschen Vaterlande vorgeht, Antheil zu nehmen befähigte, so würden seine Wünsche, die jetzt weit über die Zuständigkeit eines guten Unterthanen hinausgehen, sich in erlaubtem Geleise bewegen, und statt den Sinn auf eine andere Herrschaft zu richten, würde der Landmann lediglich nach Veränderung im Zollwesen sich sehnen. Wie man sich denn nun aber nicht besser zu helfen weiß, als mit der Hoffnung auf einen zweiten Preßburger Frieden, so hat man auch schon in andern Beziehungen nachgefragt und

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_337.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)