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das Praschglet (graspato). Dieß wird alsbald in große, der Luft zugängliche Fässer geschüttet, wo es zu gähren beginnt. Nach vier Wochen hat sich der Wein abgeklärt, er ist licht geworden und das schwere Zeug ruht auf dem Boden. Nun wird die Flüssigkeit abgezogen und ist des Trunkes gewärtig; der Satz aber, die Trestern, auf den Torkel gebracht und ausgedrückt. Dieß gibt den Druckwein, eine untergeordnete herbere Sorte, die zumeist in häuslicher Verwendung aufgeht. Aus den gepreßten Trestern selbst wird Branntwein gebrannt; mit den ausgebrannten Trestern aber das Vieh gemästet.

Der auf diese Art erzeugte weiße Wein wird nicht immer so hell, als ihn die Trinker wünschen. Zur Erzielung größerer Klarheit dient ein besonderes Kunststück, das nicht für sehr heilsam gilt. Es wird nämlich ein eigens bereiteter, mit Schwefel und Gewürz getränkter Lappen an einem Drathe brennend in das Faß gehängt und sofort, ehe er verkohlt, wieder herausgezogen. Alsbald verspundet man das Gefäß und läßt den Qualm ein paar Tage darin sein Wesen treiben und sich ins Holz einsetzen. Hernach wird der Wein dareingeschüttet. Manchen Trinkern bekommt dieses Schwefeln mehr oder weniger unwohl; doch sind die Kellnerinnen in der Regel bedacht, den Gast zu warnen, bemerkend: der Wein habe starken Einschlag.

Eine andere, jetzt minder gewöhnliche Bereitungsart fällt mit der rheinländischen so ziemlich zusammen. Auf diese Weise entsteht ein weit haltbarerer Wein als jener, der aus dem Praschglet gewonnen wird, aber seine Tugenden stellen sich erst mit den Jahren ein. Er wird erst wohlschmeckend nach zwei, drei Herbsten, wenn der andre längst vertrunken oder versauert ist. Die Erzeugung solcher Sorten wird zunächst zu Gunsten der Vorarlberger betrieben, die sich bei ihren namhaften Bestellungen im Etschlande mit Vorzug an derartige Weine halten. Letztere Art, welche den Wein durch die Mostgährung gehen läßt, heißt die österreichische. Das Getränk, das sie liefert, nennt sich Kritzer oder Hepfwein, während die Praschgletgährung den Bergährner gibt. Diese Behandlung ist erst seit wenigen Jahrhunderten eingeführt. Was der neueren

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_330.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)